Europäischer Rat und die Europäische Kommission reagieren auf Geldwäscheskandale bei Banken in der Europäischen Union mit einem umfangreichen Maßnahmepaket

Die Europäische Union reagiert auf die 2018 im Finanzsektor bekannt gewordenen Geldwäsche-Skandale und das in diesem Zusammenhang festzustellende Versagen der Aufsichtsbehörden in einzelnen europäischen Ländern. Die bisher vorliegenden und bei weitem nicht vollständig aufgearbeiteten Fakten im Fall Danske Bank haben die Finanzbranche, Regulierer, Aufseher, Strafverfolgungsbehörden und die europäische Politik in erheblichen Zugzwang versetzt.


Bemerkenswert ist die Vielzahl der im letzten Jahr aufgedeckten Geldwäschefälle in Dänemark, in den Niederlanden, in Deutschland, Estland, Lettland, Malta und der Schweiz sowie die Ausmaße, die der Skandal um die estnische Tochter der dänischen Danske Bank inzwischen angenommen hat. Russische Geldwäscher und Steuerhinterzieher haben mittels Briefkastenfirmen in Offshore-Staaten ein Netzwerk aufgezogen, über das dreistellige Milliardenbeträge über verschiedene Banken, wozu auch in Deutschland ansässige Institute gehören, gewaschen worden sind. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) spricht vom „vermutlich größten Geldwäscheskandal aller Zeiten“.


Der Europäische Rat hat am 4. Dezember 2018 in Reaktion auf diese Skandale Schlussfolgerungen zu einem Aktionsplan zur besseren Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung angenommen.


Die Schlussfolgerungen enthalten eine Reihe kurzfristiger, untergesetzlicher Maßnahmen mit denen die Beaufsichtigung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche verstärkt und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden gefördert werden soll. Damit sollen acht zentrale Ziele erreicht werden:

– Ermittlung der Faktoren, die zu den jüngsten Fällen von Geldwäsche in EU-Banken beitrugen, um mögliche zusätzliche mittel- und langfristige Maßnahmen besser zu fundieren; – Aufstellung einschlägiger Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und der besten Aufsichtsverfahren, um ihnen entgegenzuwirken; – Erhöhung der aufsichtlichen Konvergenz und bessere Einbeziehung der Aspekte der Geldwäschebekämpfung in den Aufsichtsprozess; – Gewährleistung einer effektiven Zusammenarbeit zwischen den für die Finanzaufsicht und den für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden; – Präzisierung von Aspekten in Bezug auf den Entzug von Bankzulassungen bei Fällen von schwerwiegenden Verstößen; – Verbesserung der Aufsicht und Austausch von Informationen zwischen den einschlägigen Behörden; – Austausch bewährter Verfahren und Feststellung von Gemeinsamkeiten zwischen nationalen Behörden; – Verbesserung der Kapazität der Europäischen Aufsichtsbehörde zur besseren Nutzung der bestehenden Aufsichtsbefugnisse und -instrumente.

Bereits am 11.10.2018 haben Rat und Parlament einen neuen Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission über die Bekämpfung der Geldwäsche angenommen. Dieser soll die im Mai angenommene 5. EU-Geldwäscherichtlinie mit den Mitteln des Strafrechts ergänzen. Mit dieser Ergänzung werden neue strafrechtliche Vorgaben eingeführt, mit denen Kriminellen der Zugang zu Finanzmitteln abgeschnitten und verwehrt wird – nicht zuletzt zu solchen, die für terroristische Aktivitäten genutzt werden.

Die neuen Vorschriften umfassen u. a. Folgendes:

– Festlegung von Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Sanktionen im Bereich der Geldwäsche. Geldwäsche wird künftig mit einer Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren geahndet, und neben der Haftstrafe können vom Gericht zusätzliche Sanktionen und Maßnahmen verhängt werden (z. B. Geldstrafen, vorübergehender oder dauerhafter Ausschluss vom Zugang zu öffentlichen Finanzmitteln usw.). Erschwerende Umstände gelten bei Verbindungen zu kriminellen Organisationen oder bei Verstößen im Zusammenhang mit der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten; – die Möglichkeit, für bestimmte Geldwäsche-Tätigkeiten juristische Personen zur Verantwortung zu ziehen und auf verschiedene Weise zu bestrafen (z. B. durch Ausschluss von öffentlichen Mitteln, Unterstellung unter richterliche Aufsicht, gerichtlich angeordnete Auflösung usw.); – Beseitigung von Hindernissen für die grenzüberschreitende justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit, indem gemeinsame Bestimmungen für bessere Ermittlungen festgelegt werden. Für grenzüberschreitende Fälle präzisieren die neuen Vorschriften, welcher Mitgliedstaat gerichtlich zuständig ist, wie die betroffenen Mitgliedstaaten zusammenarbeiten sollen und wie Eurojust einbezogen werden soll.

Sobald die Richtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden ist, haben die Mitgliedstaaten bis zu 24 Monate Zeit, um sie in innerstaatliches Recht umzusetzen.

mafianeindanke wird – zusammen mit anderen Nicht-Regierungsorganisationen – gegenüber der Bundesregierung (federführend ist das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz) Vorschläge zur Umsetzung, insbesondere zur Neustrukturierung des defizitären Geldwäschestraftatbestands § 261 StGB unterbreiten.

Künftig soll die EU-Bankenaufsichtsbehörde (EBA) eine größere Rolle bei der Aufsicht zur Verhinderung der Geldwäsche spielen. Bislang ist die EBA vor allem ein Regelsetzer und kein Kontrolleur. Auf die zusätzliche Rolle haben sich zumindest die nationalen Regierungen im Europäischen Rat Mitte Dezember 2018 verständigt. Die Europäische Kommission hat bereits Mitte September 2018 einen entsprechenden Verordnungsvorschlag vorgelegt. Zwar muss das EU-Parlament noch zustimmen. Bereits jetzt wird jedoch die Verständigung unter den Regierungen als wesentlicher Durchbruch auf dem Weg zu einer Kompetenzausweitung der EU-Bankenaufsichtsbehörde im Kampf gegen Geldwäsche angesehen.

Konkret sieht die Ratseinigung vor, dass die EBA Informationen von den nationalen Bankaufsichtsbehörden verlangen darf, um etwaige Schwachstellen bei der Bekämpfung von Terrorfinanzierung und Geldwäsche zu identifizieren. Auch hat die EBA die Möglichkeit, gemeinsame Qualitätsstandards für die nationale Aufsicht vorzugeben und zu fordern, dass mögliche Verstöße untersucht und gezielte Aktionen, z.B. Sanktionen, getroffen werden.

Die EBA kann auch darauf drängen, dass die einzelnen Behörden enger miteinander kooperieren. Es soll in diesem Zusammenhang ein ständiger Ausschuss geschaffen werden, der nationale Geldwäscheaufsichtsbehörden zusammenbringt. Die EBA kann schließlich Risikobewertungen erarbeiten, die eine Analyse darüber liefern, inwieweit das Vorgehen einzelner nationaler Aufsichtsbehörden ausreichend ist, um Geldwäsche effektiv zu bekämpfen.


Die EU-Aufsichtsbehörde soll im Ergebnis Instrumente an die Hand bekommen, um Druck auf nationale Aufsichtsbehörden auszuüben, die im Verdacht stehen, nicht wirksam genug gegen Geldwäsche vorzugehen. Die EBA kann als schärfstes Instrument direkt Anordnungen gegenüber einzelnen Banken erlassen, falls nationale Behörden nicht tätig geworden sind. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur als allerletztes Mittel, nachdem andere Formen der Einflussnahme ausgeschöpft worden sind.

Zu kritisieren ist, dass Kommission und der Rat davor zurückgeschreckt sind, der EBA in den einzelnen EU-Staaten ein eigenständiges Prüfungsrecht „vor Ort“ zuzubilligen, Dies wäre sicherlich das wirksamste Instrument gewesen, die nicht mehr zu leugnenden Defizite einzelner Aufsichtsbehörden in den EU-Staaten zu beseitigen. Es bleibt zu hoffen, dass in diesem Zusammenhang das Europäische Parlament auf Nachbesserung drängt.

Fragwürdig bleibt auch, dass die zuständige EU-Justizkommissarin Věra Jourová ausweislich eines Interviews mit dem Handelsblatt vom 25.10.2018 für die laufende Arbeit der EBA aufgrund der neuen, anspruchsvollen Kompetenzen das Personal lediglich von einer Handvoll Mitarbeiter auf 20 aufstocken will.