Das Gesetz zur Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie als Vehikel nutzen. Vortrag von Michael Findeisen beim 17. Jahreskongress zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung 2019 (16.-18.9.2019) Berlin
Bundesfinanzminister Scholz hat bei der Vorstellung des im Kabinett am 1.8. 2019 verabschiedeten Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie diesen Entwurf auch als Regelungen gegen Geldwäsche im Immobiliensektor angepriesen. Weitreichende gesetzliche Regelungen gegen Geldwäsche im Immobiliensektor enthält der Gesetzesentwurf jedoch nicht. Dieser Verzicht auf ein schlüssiges Maßnahmepaket steht im Widerspruch zu der unter der Federführung des Bundesministeriums der Finanzen erstellten Nationalen Risikoanalyse und der Einschätzungen der Financial Intelligence Unit (FIU) im Jahresbericht 2018 vom Juli 2019[1], dass Geldwäsche am deutschen Immobilienmarkt eine zentrale Rolle spielt. Der Gesetzesentwurf packt in diesem Zusammenhang nur Marginalien an. Auf der Höhe der Zeit ist er deshalb nicht:
- Nach den Erkenntnissen der vom BMF zu verantwortenden Nationalen Risikoanalyse, die von den strafprozessualen Ermittlungen in Berlin gegen die sog. Clankriminalität bestätigt werden, werden öffentliche Zwangsversteigerungen durch Gerichte und Versteigerungen durch Behörden genutzt und hierfür oftmals Barzahlungen eingesetzt. Mit den in § 2 GwG neu eingefügten Absätzen 3 und 4 werden die Identifizierungs- und Meldepflichten auf Behörden und Gerichte in Bezug auf den sog. Ersteher und den Einsatz von Bargeld ausgedehnt. Dieser Schritt ist zu begrüßen, wird jedoch nur einem Teilaspekt der Geldwäsche auf dem Immobilienmarkt gerecht.
- Die im Entwurf vorgenommene Überarbeitung des Wortlauts von § 43 Abs.2 GwG dient lediglich der Anpassung an den Wortlaut der Geldwäscherichtlinie im Interesse einer besseren Konturierung der Verdachtsmeldepflicht für Freie Berufe im Lichte der EU-Vorgaben; eine Erweiterung der Verdachtsmeldepflicht für freie Berufe ist damit nicht verbunden.
- Die in § 43 Abs. 6 (E) vorgesehene Verordnungsermächtigung dürfte das eigentliche Ziel der Bundesregierung, mehr Verdachtsmeldungen auf dem Kreis der freien Berufe, insbesondere von Notaren, zu generieren, ebenfalls verfehlen. Danach sollen Sachverhalte bei Erwerbsvorgängen nach § 1 des Grunderwerbssteuergesetzes bestimmt werden, die von den Verpflichteten stets zu melden sind. Abs. 6 (E) stellt auch kein Novum dar. Bereits nach gegenwärtiger Rechtslage (§ 43 Abs. 5 GwG) konnte die FIU im Benehmen mit den Aufsichtsbehörden typisierte Transaktionen bestimmen, die (unabhängig von einem Verdacht) zu melden sind. Allerdings wurde von dieser Norm in der Praxis kein Gebrauch gemacht. Der einzige Unterschied zur bisherigen Rechtslage besteht darin, dass diese Kompetenz auf Wunsch der Bundesnotarkammer auf das Bundesministerium der Finanzen (im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz) verlagert werden soll. Ob damit – wie von der Bundesnotarkammer betont -, ein größerer abschreckender Effekt für Geldwäscher – verbunden ist, ist zweifelhaft. Einen größeren abschreckenden Effekt können Normen ohnehin nur dann erreichen, wenn sie tatsächlich angewandt werden.
Verdachtsunabhängige Meldepflichten von Verpflichteten gegenüber der FIU wurden bisher im BMF aus gutem Grunde kritisch gesehen, da sie bei an sich unauffälligen Aktivitäten im Massengeschäft – etwa bei Meldepflichten für Bartransaktionen über einem bestimmten Schwellenwert – für die FIU keine Anhaltspunkte von Relevanz darüber liefern, warum im Einzelfall eine nach § 43 Abs. 1 GwG relevante Tatsache vorliegen soll. Die Analyse von zusätzlichen Meldungen durch die FIU, die für die Verpflichten nicht auf Geldwäsche hindeuten, würde die bereits mit der Analyse von Verdachtsmeldungen nach § 43 Abs. 1 GwG aktuell völlig überforderte FIU zusätzlich überfordern.
Dies würde sich erst dann ändern, wenn eine operationell und personell gut aufgestellte deutsche FIU, wie die US-Behörde Fincen oder die italienische FIU, technisch und organisatorisch in der Lage wäre, für einen längeren Zeitraum Datenanalysen zu Transaktionen und Geschäften über den Einzelfall hinaus auch auf der Makroebene durchzuführen. Die italienische FIU analysiert erfolgreich auf regionaler Ebene, gestützt auf verdachtsunabhängige Meldungen, wirtschaftliche Aktivitäten und Grundstücksgeschäfte. Die dafür notwendigen organisatorischen und technischen Schritte bei der deutschen FIU und die notwendigen gesetzlichen Begleitmaßnahmen sieht der Gesetzesentwurf allerdings gar nicht vor. Die Mitarbeiter der FIU verfügen im Übrigen für solche Analysen bisher keinerlei know how.
Erwerbsvorgänge nach § 1 Grunderwerbssteuergesetz, an die Abs. 6 anknüpfen soll, stellen ein verbreitetes, im Regelfall unauffälliges Massengeschäft dar. Eigentumswechsel bei Grundstücke sind Geschäfte des wirtschaftlichen Alltags. Einzelne in § 1 aufgeführte Erwerbsvorgänge weisen keine Spezifika auf, die sie für Geldwäsche besonders prädestinieren. Alle Erwerbsvorgänge eignen sich grundsätzlich für Geldwäschezwecke.
Diese Erwerbsvorgänge stehen ohnehin meistens im Kontext mit einer Rechtsberatung, die sich als Sperre bei der Meldepflicht bezüglich dieser Vorgänge erweisen wird. Diese Sperre ließe sich auch nicht durch § 30 Abs. 3 GwG für die FIU durch ein Auskunftsverlangen beseitigen, da nach Abs. 3 Satz 2 die freien Berufe als Verpflichtete ein Auskunftsverweigerungsrecht besitzen.
Die Bedeutung des Immobilienmarkts für Geldwäsche in Deutschland ist unstreitig
Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass von geschätzten 100 Milliarden Euro, die aus kriminellen Vortaten stammen, jedes Jahr in Deutschland 20 Milliarden auf dem Immobilienmarkt gewaschen werden. Die FIU stellt in ihrem Jahresbericht 2018 fest, dass der Immobiliensektor ein Sektor mit herausgehobenem Risiko für Geldwäscheaktivitäten sei. Dies liege zum einen darin begründet, dass Immobilien sehr hochpreisige, wertstabile Güter seien und somit unauffällig sehr hohe Beträge in einzelnen Transaktionen bewegt werden können. Gleichzeitig bestünden Möglichkeiten, die Transparenz von Mittelherkunft und Eigentumsverhältnissen einzuschränken. Beispielsweise kann durch Finanzierungsmodelle unter Einbindung von Off-Shore Standorten die Nachvollziehbarkeit der Mittelherkunft erschwert werden. Bedingt durch eine Vielzahl rechtlicher Gestaltungsoptionen für in- und ausländische juristische Personen, die die Nutzung komplexer Eigentümerstrukturen erlauben, könnten darüber hinaus in bestimmten Fällen Eigentumsverhältnisse schwer nachvollziehbar sein. Bedeutende vierstellige Wohnungsbestände in Berlin sind nach den Recherchen des Berliner Tagesspiegels auf Stiftungen und juristische Personen eingetragen, deren Anteilseigner u. a. auf den Bahamas registriert sind. Bei diesen Recherchen wurde auch ein Großeigentümer, eine in London domizilierende Familie als wirtschaftlich Berechtigte in einem internationalen Geflecht aus Briefkastenfirmen u. a. mit Sitz in Offshore-Staaten sichtbar, auf die tausende Berliner Wohnungen als Eigentümer eingetragen sind.
Auch im internationalen Kontext wird ein Geldwäscherisiko in diesem Bereich gesehen. So wird der Erwerb von Luxusimmobilien durch Briefkastenfirmen als ein attraktiver Weg gesehen, um anonym Gelder zu waschen. Dies gilt insbesondere bei direkter Kaufpreiszahlung ohne Finanzierung, bei der Fremdfinanzierung über Kreditinstitute in Anspruch genommen wird und die Wahrscheinlichkeit, eine Geldwäscheverdachtsmeldung auszulösen, deutlich verringert wird. In vielerlei Hinsicht sind Immobilien spezielle Güter. Sie sind langlebig, standortgebunden und lassen sich nur begrenzt substituieren. Mit einem Bruttoanlagevermögen von ca. 13,9 Billionen € (80,3 % des gesamten Bruttoanlagevermögens) im Jahr 2016 sind Immobilien laut eines Gutachtens des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. die bedeutendste Anlageklasse in Deutschland.
Lösungsvorschläge
Die im Jahresbericht 2018 durchscheinende Hoffnung der FIU, dass allein ihre Erkenntnisse – ohne gesetzliche Maßnahmen und deren konsequente Umsetzung – dazu führen würden, mehr Verdachtsmeldungen von Akteuren aus dem Nicht-Finanzsektor zu bekommen, die in Immobilientransaktionen involviert sind, wäre trügerisch. Das Problem der Nutzung von Immobilien für Geldwäschezwecke in Deutschland besitzt inzwischen eine Dimension, die Handlungslösungen des Gesetzgebers erforderlich machen, die schnell greifen. Spezifische Standards zur Verhinderung der Geldwäsche im Immobiliensektor gibt es bisher auf EU-Ebene oder durch die FATF nicht. Deshalb hätte der Gesetzgeber bei Umsetzung der nachfolgend präsentierten Formulierungsvorschläge von Finanzwende einen nationalen Gestaltungsraum, weil anders als beim Transparenzregister bei den Mechanismen zur Herstellung von Transparenz im Immobiliensektor noch keine europarechtlichen Vorgaben bestehen und die vorgeschlagene Lösung zu den EU-Standards im Übrigen nicht im Widerspruch stehen.
Bisher wurden unter Bezug auf diese Risikoszenario von der parlamentarischen Opposition (Bündnis 90/die Grünen, Die Linke) bzw. von Nicht-Regierungsorganisationen wie Transparency International politische Forderungen erhoben, die auf mehr Transparenz im Immobiliensektor zielen, um Informationen über Zahlungsströme sowie die wahren Immobilieneigentümer zu erhalten. Die Grünen fordern ein zentrales Immobilienregister. Gesetzesentwürfe gibt es hierzu jedoch noch nicht. Diese politischen Forderungen gehen zwar in die richtige Richtung. Sie wurden jedoch nicht in einen konkreten Vorschlag für eine Änderung des GwG transponiert.
Wir schlagen eine Lösung vor, mit der im Interesse der FIU und anderer zuständiger Stellen die
- Sichtbarmachung der Mittelherkunft bei Grundstückskäufen und die
- Transparenz bezüglich der wirtschaftlich Berechtigten eines Grundstücks
kurzfristig realisiert werden kann, ohne hierfür zeitaufwendig das Transparenzregister bzw. das Grundbuch in einem rechtlich und technisch komplizierten Verfahren umzustrukturieren. Dennoch orientiert sich der Vorschlag von Finanzwende an Sinn und Zweck des Transparenzregisters gem. § 18ff. GwG.
Ohne Mitwirkung der Länder, in deren Zuständigkeit das Grundbuchwesen fällt, ließen sich die bisher auf dem Tisch liegenden Forderungen nach einem Transparentregister ohnehin nicht realisieren. Die vor kurzem abgeschlossene Digitalisierung des Grundbuchs bzw. die Schaffung des elektronischen Grundbuchs (EGB) hat in den einzelnen Bundesländern mehrere Jahre benötigt. Auch die Operabilität des Transparenzregisters auf Bundesebene hat immer noch Schwachstellen. Eine Erfassung des wirtschaftlich Berechtigten in einer gesonderten, neu zu schaffenden Abteilung des Grundbuchs würde, was die Umsetzung anbelangt, ebenfalls Jahre brauchen. Die Umsetzung der Forderung der Grünen, dass wirtschaftliche Berechtigte aller Unternehmen, die in Deutschland Eigentümer einer Immobilie sind oder das werden wollen, in das deutsche Transparenzregister eingetragen werden müssen und dazu eine Identifikationsnummer erhalten sollen, die in das Grundbuch eingetragen wird, wäre nicht nur gesetzestechnisch anspruchsvoll. Änderungen der Grundbuchordnung als Angelpunkt würde den einzelnen Ländern wiederum eine besonders Zuständigkeiten zuweisen, was der von allen Parteien und Nichtregierungsorganisationen beklagten Zersplitterung der Maßnahmen gegen Geldwäsche in Deutschland auf Länderebene weiter Vorschub leisten würde.
Im Lichte dieser Risiken bedarf es eines Bündels von gesetzlichen und untergesetzlichen Maßnahmen gegen diese spezifische Methode der Geldwäsche, die nicht nur der Verschleierung illegal erlangter Vermögenswerte dient, um diese dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen. Diese illegalen Gelder leisten auch einen Beitrag, der zur Überhitzung des Immobilienmarkts beiträgt – zulasten der Mieter und Kaufwilliger, die die Immobilieninvestition mit legal erlangten Vermögenswerten tätigen.
Die Pflicht zur Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten nutzen, um Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen
Der Begriff des wirtschaftlich Berechtigten spielt in der nationalen und internationalen Geldwäscheprävention eine zentrale Rolle. Die Abklärung, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt, und, sofern dies der Fall ist, dessen Identifizierung, ist ein zentraler Pfeiler bei der Geldwäschebekämpfung. Die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten soll Strohmannverhältnissen entgegenwirken und diejenigen sichtbar machen, in deren wirtschaftlichen oder rechtlichen Interesse eine Transaktion erfolgt.
Diese Sichtbarmachung von Mittels- und Hintermännern sowie die Beseitigung der Anonymität von Firmenkonstrukten ist Voraussetzung, um den Zugang krimineller Organisationen zum Geldkreislauf der legal handelnden Wirtschaft zu unterbinden. Seit der 4. und 5. EU-Geldwäscherichtlinie hat die Bedeutung der
Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten in der Präventionsstrategie noch deutlich zugenommen. Die EU-Richtlinie hat in diesem Zusammenhang auch zur Einrichtung eines Transparenzregisters zur Erfassung und Zugänglichmachung von Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten geführt. Das Transparenzregister sieht Transparenzpflichten im Hinblick auf juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften vor. Für das dingliche Eigentum und den sachenrechtlichen Eigentumswechsel findet die Erfassung im Transparenzregister nach §§ 18 ff. GwG jedoch bisher keine Anwendung.
Vorschlag I:
Pflicht des Grundstückseigentümers, Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten gegenüber der FIU und anderen Behörden zu machen /Administrative Beschlagnahme eines Grundstücks bei Nichtoffenlegung des wirtschaftlich Berechtigten
Hinter § 23 [a] GwG wird folgender § 23[b] eingefügt:
§ 23 [b] Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten eines Grundstücks
(1) Der im Grundbuch eingetragene Eigentümer eines Grundstücks hat gegenüber einer berechtigten inländischen Stelle nach Absatz 3 auf deren Aufforderung Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten des Grundstücks zu machen und hierzu Urkunden oder sonstige Dokumente vorzulegen.
(2) Angaben gemäß Absatz 1 sind:
1.Vor- und Zuname,
2. Geburtsdatum
3. Wohnort und
4. Angaben zu Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses, die zeigen, woraus die Stellung als wirtschaftlich Berechtigter gem.§ 3 Absatz 1 bis 4 folgt.
(3) Berechtige inländische Stellen sind
- die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen,
- inländische öffentliche Stellen, die für das Besteuerungsverfahren zuständig sind,
- Aufsichtsbehörden nach § 50 zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz und
- die Gemeinde, in der das Grundstück liegt.
Die Stellen gemäß Satz 1 Nrn. 2 bis 4 informieren die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen unverzüglich über die von ihnen nach Absatz 1 angeordneten Auskunfts- und Vorlegungsverlangen. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen unterrichtet die anderen Stellen gemäß Satz 1 Nrn. 2 bis 4 auf deren Ersuchen über von ihr für einzelne Grundstücke angeordnete oder ihr bekannt gewordene Auskunfts- und Vorlegungsverlangen nach Absatz 1. Werden mehrere Stellen bezüglich desselben Grundstücks tätig, entscheidet die Stelle, die zuerst ein Auskunfts- und Vorlegungsverlangen angeordnet hat. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen kann das Verfahren durch Mitteilung an die andere Stelle an sich ziehen und wird dadurch für das weitere Verfahren zuständig.
(4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung des Auskunfts- und Vorlegungsverlangens haben keine aufschiebende Wirkung.
(5) Das Auskunfts- und Vorlegungsverlangen nach Absatz 1 kann im Falle, dass der Eigentümer des Grundstücks Angaben, Urkunden oder sonstige Dokumente nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder vorlegt, durch ein Zwangsgeld durchgesetzt werden. Die Höhe des einzelnen Zwangsgeldes darf 20 % des Einheitswerts des Grundstücks nicht überschreiten. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgelds haben keine aufschiebende Wirkung. Das Zwangsgeld steht der Behörde zu, die das Zwangsgeld festgesetzt hat.
(6) Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 kann die berechtigte Stelle die administrative Beschlagnahme des Grundstücks anordnen. Liegen einer berechtigten Stelle Anhaltspunkte dafür vor, dass der Eigentümer vor Erfüllung des Auskunfts- und Vorlegungsverlangens über das Eigentum am Grundstück durch Rechtsgeschäft verfügen will, soll die berechtigte Stelle die administrative Beschlagnahme des Grundstücks anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung der administrativen Beschlagnahme haben keine aufschiebende Wirkung. Die administrative Beschlagnahme wird auf Ersuchen der berechtigten Stelle im Grundbuch eingetragen. Sie hat die Rechtswirkung eines absoluten Verfügungsverbots. Die administrative Beschlagnahme des Grundstücks wird mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem der Verwaltungsakt, durch den sie angeordnet wird, dem Eigentümer zugestellt wird. Sie wird auch wirksam mit dem Zeitpunkt, in welchem das Ersuchen um Eintragung der administrativen Beschlagnahme dem Grundbuchamt zugeht. Die Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gelten entsprechend.
(7) Eine Anordnung nach Absatz 1 oder Absatz 6 ist aufzuheben, sobald und soweit der Anordnungsgrund nicht mehr vorliegt.
(8) Hat eine administrative Beschlagnahme gemäß Absatz 6 mindestens drei Jahre bestanden, ohne dass der Eigentümer dem Auskunfts- und Vorlegungsverlangen richtig und vollständig nachgekommen ist, gilt dies als Aufgabe des Eigentums im Sinne von § 928 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die berechtigte Stelle stellt dies durch Bescheid fest. Gegen den Bescheid kann der Betroffene Widerspruch und Anfechtungsklage erheben Nach Bestandskraft des Bescheids wird der Verzicht auf Ersuchen der berechtigten Stelle im Grundbuch eingetragen. Das Recht zur Aneignung steht der Gemeinde zu, in der das Grundstück liegt.
(9) Die für die Grundstücksbewertung zuständigen Finanzbehörden teilen den berechtigten Stellen auf Anforderung Einheitswerte mit.
2. Änderung des § 56 GwG:
In § 56 Absatz. 1 wird hinter [2]der Nr. [56d] folgende Nr. [56e] eingefügt:
56e. entgegen § 23[(b] Abs. 1 einem Auskunfts- und Vorlegungsverlangen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,
Begründung (Besonderer Teil)
Zu Absatz 1
Verpflichtet ist der Eigentümer des jeweiligen Grundstücks unabhängig von seiner Rechtsform. Neben natürlichen Personen sind bei Personengesellschaften die persönlich haftenden Gesellschafter auskunftspflichtig, auch dann, wenn sie von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind, bei Kapitalgesellschaften der Vorstand bzw. die Geschäftsführung.
Ein besonderer Anlass für das Auskunftsverlangen ist nicht erforderlich; dieses bedarf auch, wie in § 44 Abs. 1 KWG, keiner Begründung.
Zu Absatz 2
Absatz 2 spiegelt § 19 Abs. 1 GwG.
Zu Absatz 3
Die Norm soll den von Abs. 3 erfassten Stellen umfassende Sachverhaltsermittlungsrechte in Bezug auf den wirtschaftlich Berechtigten eines Grundstücks einräumen. Diese grundstücksbezogenen Informationsrechte orientieren sich an Art und Umfang der Informationen, die dem Transparenzregister zur Erfassung und Zugänglichmachung von Informationen von juristischer Personen des Privatrechts und eingetragener Personengesellschaften der registerführenden Stelle nach § 20 Abs. 1 GwG zur Eintragung in das Transparenzregister entsprechen.
Der Absatz führt abschließend die zuständigen Stellen auf, die einen Verwaltungsakt gem. Abs. 1 erlassen können. Mit ihrer zentralen Koordinierungsfunktion, u. a. gegenüber den Aufsichtsbehörden der Länder und den sog. Freien Berufen hat die FIU die Möglichkeit, risikobasierte Informationen auch bei deren Erhebung zu steuern und damit die Aufsichtstätigkeit gerade im Nicht-Finanzsektor zu unterstützen.
Ebenfalls liegt diesem Vorschlag die Definition des wirtschaftlich Berechtigten in § 3 GwG zugrunde. Dies bedeutet u. a. auch, dass die die „25% -Schwelle“, etwa bei geschlossenen bzw. offenen Immobilienfonds, auch bei dieser Norm zum Tragen kommt.
Den berechtigten inländischen Stellen sollten, was den wirtschaftlich Berechtigten anbelangt, im Ergebnis die gleichen Rechte gegenüber dem Grundstückseigentümer eingeräumt werden, die der registerführende Stelle nach § 18 ff. GwG gegenüber juristischer Personen des Privatrechts und eingetragener Personengesellschaften zustehen.
Dieser Absatz dient zusätzlich – auch im Interesse des Adressaten – der verwaltungsinternen Koordination der von den Berechtigten angeordneten Ersuchen, um Duplizierungen bei Ersuchen zu vermeiden.
Zu Absatz 6
Die Eskalierungsstufe des Abs. 6 steht nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Regel in einem Stufenverhältnis zu Abs. 5, findet aber u. a. unmittelbar Anwendung, wenn der Verkauf eines Grundstücks durch den Eigentümer droht, ohne dass der im Grundbuch eingetragene Verkäufer Auskunft über den wirtschaftlich Berechtigten erteilt hat und so die Pflichten des Abs. 1 unterlaufen werden könnten.
In Abs. 6 wird erstmals im GwG das Institut der administrativen Beschlagnahme geregelt, mit dem konsequent Transparenz auf dem Immobilienmarkt in Bezug auf den wirtschaftlich Berechtigten hergestellt werden soll. Diese stellt – wie bei der polizeilichen Beschlagnahme – eine vorläufige „polizeilich/gewerberechtliche Maßnahme“ als Sicherungsmittel dar, die bei Zweckerreichung auch wieder aufgehoben aufzuheben ist (Absatz 7). Als geldwäscherechtliches Sicherungsinstrument wird die administrative Beschlagnahme in das Grundbuch eingetragen und bei Zweckerreichung wieder gelöscht.
Eine administrative Beschlagnahme ist zur polizeilichen Gefahrenabwehr in einigen Polizeigesetzen der Länder vorgesehen, allerdings nur für bewegliche Gegenstände. Es besteht jedoch kein nationales Rechtshindernis, dieses Instrument geldwäscherechtlich auf Immobilien auszudehnen. Das Anti-Geldwäscherecht oder das Finanzmarktaufsichtsrecht ist seinem Charakter nach nichts anderes als eine spezielle Form des Polizei- und Ordnungsrechts.
Das Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus definiert in Art. 1 g) das Einfrieren oder die „Beschlagnahme“ relativ weit als ein vorübergehendes Verbot der Übertragung, Vernichtung, Umwandlung oder Bewegung von Vermögensgegenständen oder der Verfügung darüber oder die vorüber gehende Verwahrung oder Kontrolle von Vermögensgegenständen aufgrund einer von einem Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde getroffenen Entscheidung; Es kann insoweit europarechtlich dahingestellt werden, ob diese Maßnahmen einen strafprozessual repressiven oder administrativ präventiven Charakter haben.
Deutschland hat bereits zur Verhinderung der Geldwäsche im Allgemeinen und der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten im Besonderen im KWG (§ 6a) oder im GwG (§ 40) bzw. § 12a ZVerwG solche Sofortmaßnahmen mit administrativem Charakter geschaffen. Es geht jetzt darum, diesen rechtlichen Ansatz auf den Immobiliensektor auszudehnen.
Zu Absatz 8
Die Eskalierungsstufe des Absatzes 8 steht ebenfalls in einem Stufenverhältnis zu Abs. 5 und 6. Da sie einen vorläufigen Charakter hat, kann die angeordnete administrative Beschlagnahme nicht dauerhaft aufrechterhalten werden. Für den Fall, dass der mit ihr intendierte Zweck innerhalb der in Absatz 8 geregelten Frist nicht erreicht werden kann und der Verpflichtete nicht richtig und vollständig Auskunft erteil, muss die Beschlagnahme aufgehoben und der Sachverhalt einer endgültigen Lösung zugeführt werden. Dies wird mit einer Fiktion des § 928 BGB (Dereliktion) sichergestellt. Diese Maßnahme ist im Lichte der engen Voraussetzungen des Absatzes 8 und der Bedeutung der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten bei der Geldwäscheprävention nicht unverhältnismäßig, zumal der Eigentümer diese Rechtsfolge jederzeit abwenden kann.
Zu Absatz 9
Die Ermächtigungsgrundlage des Abs. 9 soll den nach Abs. 3 berechtigten Stellen ermöglichen, die Höhe des Zwangsgelds nach Abs. 6 festzulegen.
Vorschlag II: Änderung des Beurkundungsgesetzes
Durch eine Änderung des Beurkundungsgesetzes ließe sich der alte Rechtszustand, was die früher obligatorische Abwicklung der Kaufpreiszahlung über Notaranderkonten anbelangt, wieder herzustellen. Heute werden Grundstücksgeschäfte nicht mehr über Notaranderkonten abgewickelt. In deutlich weniger als 10% der Fälle findet ein Zahlungsfluss vom Käufer zum Verkäufer über ein Notaranderkonto statt. Barzahlungen bei Grundstückskäufen sind, wie die FIU feststellt, inzwischen weit verbreitet. Nur über diese Bezahlmodi kann jedoch durch den geldwäscherechtlich verpflichteten Notar Transparenz der Zahlungsströme im Immobiliensektor hergestellt, die Herkunft der Gelder besser abgeklärt und eine Papierspur sichergestellt werden. Dadurch wären auch anonyme Barzahlungen zwischen Verkäufer und Käufer beim Kauf eines Grundstücks ausgeschlossen. Barzahlungen für Grundstücksinvestments sind auch nach der vom BMF in Auftrag gegebenen Dunkelfeldstudie von Prof. Bussmann, immer stärker verbreitet. Barzahlungen aus Drittstaaten, die aus dubiosen Quellen stammen, gelangen zudem aufgrund formal gehandhabter Bargeldkontrollen des Zolls an den Außengrenzen nach dem Zollverwaltungsgesetz leicht nach Deutschland und werden in den deutschen Immobilienmarkt investiert. Vom Instrument der vorläufigen Sicherstellung solcher Bargeldbeträge zur Abklärung der Herkunft dieser Barmittel macht die FIU nur in wenigen Einzelfällen Gebrauch.[3]
Die Abklärung der Zahlungsströme bei der Kaufvertragsabwicklung durch Notare ist neben der Abklärung der wirtschaftlich Berechtigten nach internationalen Erfahrungen (FATF) und selbst nach den Anwendungsempfehlungen der Bundesnotarkammer[4] das wichtigste Erkenntnismittel für Notare, auf auffällige bzw. verdächtige Geschäfte zu stoßen und diese ggf. über eine Verdachtsanzeige an die Financial Intelligence Unit (FIU) zu melden. Dieses Erkenntnismittel besitzen Notare durch das geänderte Beurkundungsgesetz nicht (mehr). Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, dass – neben der bisher nicht stattfindenden geldwäscherechtlichen Aufsicht nach § 50 I Nr. 5 GwG durch die Präsidenten der Landgerichte über Notare -, das Meldeaufkommen bei Notaren gering ist.
Von Vorteil ist auch, dass die standardisierte, technische Abwicklung der Bezahlung des Kaufpreises vom Käufer an den Verkäufer durch den Notar über Notaranderkonten im Regelfall keine Tätigkeit darstellt, die als Rechtsberatung des Notars anzusehen ist und damit, von sicherem Wissen über die Nutzung des Mandatsverhältnisses zum Zweck der Geldwäsche abgesehen – einer Verdachtsmeldung nicht entgegenstünde. Die von BMF intendierte Zunahme von Verdachtsmeldungen nach § 43 Abs. 1 GwG aus dem Kreis der Notare ließe sich so erreichen und zusätzlich anonyme Barzahlungen des Kaufpreises aus illegitimen Quellen besser verhindern.
In den als Artikelgesetz ausgestalteten Gesetzesentwurf sollte deshalb ein zusätzlicher Artikel aufgenommen werden:
Änderung des Beurkundungsgesetzes
Das Beurkundungsgesetz vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513), das zuletzt durch Artikel 11 Absatz 14 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- In der Inhaltsübersicht werden im 6. Abschnitt (Verwahrung) in § 57 die Wörter „Antrag auf“ gestrichen:
- § 57 wird wie folgt geändert:
- In der Überschrift werden die Wörter „Antrag auf“ gestrichen.
- § 57 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„Der vereinbarte Kaufpreis für den Erwerb eines Grundstücks ist vom Käufer auf ein Notaranderkonto im Zusammenhang mit der notariellen Beurkundung des Vertrages über die Überlassung und dem Erwerb eines Grundstücks zu bezahlen und vom Notar nach Erfüllung der im Kaufvertrag getroffenen Bedingungen an den Verkäufer weiterzuleiten.“
- § 57 Absatz. 2 Nr. 1wird wie folgt gefasst
„ Soweit Geld nicht auf einem Notaranderkonto im Zusammenhang mit der notariellen Beurkundung eines Vertrages über die Überlassung und dem Erwerb eines Grundstücks entgegenzunehmen ist, darf der Notar Geld zur Verwahrung nur entgegennehmen, wenn
1. hierfür ein berechtigtes Sicherungsinteresse der am Verwahrungsgeschäft beteiligten Personen besteht,“
d) der bisherige Absatz 1 wird Absatz 3,
e) der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4,
f) der bisherige Absatz 4 wird Absatz. 5,
g) der bisherige Absatz 5 wird Absatz 6.
Begründung:
Das Notaranderkonto wird bei der Abwicklung von Immobilienkaufverträgen in Deutschland nur noch in Ausnahmefällen genutzt. Die Nutzung von Notaranderkonten ist aufgrund einer Gesetzesänderung durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 30.8.1998 (BGBl. I S. 2585) zum Auslaufmodell geworden. Das mit diesem Gesetz ebenfalls geänderte Beurkundungsgesetz enthält in § 57 (§ 54a aF) die für die Einleitung des notariellen Verwahrungsverfahrens erforderlichen Regelungen. Danach darf ein Notar ein Anderkonto nur noch einrichten, wenn ein „berechtigtes Sicherungsinteresse“ gegeben ist.
Dies bedeutet, dass selbst wenn die Vertragsparteien ein Notaranderkonto zur Abwicklung der Kaufpreiszahlung wünschen, sich der Notar dem Wunsch widersetzen muss, wenn er kein besonderes Sicherungsinteresse erkennt.
Der Kaufpreis wird nach Erfüllung der im Kaufvertrag getroffenen Bedingungen vom Käufer in der Praxis unmittelbar an den Verkäufer bezahlt. Eine Übersicht über die Zahlungsströme zwischen Käufer und Verkäufer hat der Notar dadurch nicht mehr. In Zusammenhang mit der gegenwärtig festzustellenden Nutzung des überhitzten Immobilienmarkts für Geldwäschezwecke ist die Verbannung der Zahlungsströme in die Intransparenz dysfunktional für die Verhinderung der Geldwäsche.
Der damalige Gesetzgeber hat bei der geschilderten Gesetzesänderung die gewachsene Rolle der freien Berufe bei der Verhinderung der Geldwäsche im Zuge der Umsetzung der Dritten und Vierten EU-Geldwäscherichtlinie nicht überblicken können. Notare sind – neben Banken – bei der Erkennung auffälliger Geschäftsbeziehungen durch den physischen Mandantenkontakt und der Möglichkeit, auffällige Zahlungsströme mit großem Volumen, wie sie im Zusammenhang mit Grundstückkäufen anfallen, zu erkennen, zur unverzichtbaren zweiten Präventionslinie geworden.
Über das Notaranderkonto konnte ein Notar der Papierspur folgen und in Erfüllung seiner geldwäscherechtlichen Pflichten die Geldströme und die Herkunft der Gelder (z.B. aus sog. Hochrisikoländern) analysieren. Die Analyse von Geldströmen zwischen Verkäufer und Käufer trägt maßgeblich zum Erkennen von verdachtsrelevanten Sachverhalten bei. Die Bundesnotarkammer hat zur Ausfüllung dieses Vakuums letztmals im März 2018[5] Anwendungsempfehlungen herausgegeben, die den Notaren als Hilfestellung und Leitfaden zur Anwendung des Geldwäschegesetzes dienen sollen, aber nicht die obligatorischen Anwendungsempfehlungen der zuständigen Aufsichtsbehörde ersetzen. Die dort genannten geldwäscherelevanten Indikatoren beziehen sich bezeichnenderweise zum großen Teil auf Zahlungsströme über Anderkonten, mithin auf Sachverhalte, die in der deutschen Praxis gar keine Rolle mehr spielen.
Die Gesetzesänderung hatte den Nebeneffekt, dass es durchaus üblich geworden ist, Grundstückskäufe zwischen den Vertragsparteien bar abzuwickeln, ohne dass hiervon der Notar Kenntnis erlangt. In Spanien war diese Methode lange eine der gebräuchlichsten Formen der Geldwäsche. Prof. Bussmann weist in seiner für BMF im Jahr 2016 erstellten Dunkelfeldstudie zutreffend darauf hin, dass Geldwäsche über Bartransaktionen eine der nach wie vor verbreitetsten Methoden auch bei Immobiliengeschäften ist. Vor dem Hintergrund, dass der Umlauf der von der Bundesbank emittierten Euro-Banknoten in den letzten Jahren – aus Sicht der Bundesbank „nachfragegetrieben“ – weiter stark gewachsen ist[6], hat hier der Gesetzgeber durch die Änderung des Beurkundungsgesetzes für die Geldwäsche unbewusst Tür und Tor geöffnet. Nach einer Studie von Europol spielt Bargeld für Geldwäschezwecke nach wie vor eine zentrale Rolle.[7] Es ist Zeit, das Eintrittstor für Geldwäsche bei Grundstückskäufen durch den Gesetzgeber wieder zu verschließen und die Zahlungsströme bei Grundstückskäufen wieder transparent zu machen.“
III. Untergesetzliche Maßnahmen
Schwarzgeld wird in Millionenhöhe bar nach Deutschland verbracht, in Immobilien investiert und der Zoll schaut zu – Für eine bessere Verzahnung von Barmittelkontrolle an der Grenze und operativen Analysen der FIU
Nach Artikel 3 der „Verordnung (EU) 2018/1672 vom 23. Oktober 2018 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Union oder aus der Union verbracht werden, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005“ sind Reisende an den Außengrenzen der EU verpflichtet, mitgeführte Barmittel von 10.000 Euro oder mehr beim Zoll zu deklarieren. Verstöße gegen die Anmeldepflicht können durch Bußgelder sanktioniert werden. Gelder, bei denen Anhaltspunkte bestehen, dass sie illegalen Ursprung sind, können sichergestellt werden. Die Verordnung und begleitende Regelungen im Zollverwaltungsgesetz sind Maßnahmen gegen Geldwäsche, um über die Finanzströme mit Bargeld, die keine Spuren hinterlassen, mehr Transparenz zu erhalten sowie die Tatmittel und Erträge der Geldwäscher verkehrsunfähig durch Einziehung zu machen.
Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten De Masi und der Fraktion der Linken „Bargeldkontrolle und Geldwäsche bei Zoll und Bundesbank“ (BT-Drucksache 19/7201 vom 21.1. 2019) zeigt, wie auch bei der Handhabung der Bargeldkontrolle an den Außengrenzen und die grenzüberschreitende Barmittelüberwachung der gesetzliche Anspruch bei der Bekämpfung der Geldwäsche und deren tatsächliche Umsetzung auseinanderfallen, gesetzlichen Regelungen leicht umgangen werden können und damit ein stumpfes Schwert sind.
Gewiefte Geldwäscher sind offensichtlich dazu übergegangen, bemakelte Bargeldbeträge in Euro – selbst bei sechsstelligen Volumina – bei der Einreise beim Zoll nicht zu verbergen, sondern diese ordnungsgemäß anzumelden und sich dafür eine Bescheinigung ausstellen zu lassen. Dies betrifft insbesondere Reisende mit iranischer, chinesischer, lybischer, russischer oder ukrainischer Staatsangehörigkeit. Bei diesen „Drittstaaten“ handelt es sich um Länder, die nach den EU-Standards unter Geldwäschegesichtspunkten als problematisch gelten. Bei den Bargeldeinfuhren aus diesen Ländern handelt es sich um Sachverhalte, denen Anhaltspunkte für Korruption, Steuerhinterziehung, Verstöße gegen Devisenvorschriften oder Geldwäsche immanent sind. Gelder können von einer Bank, etwa in der VR China, zu einer Bank in Deutschland im internationalen Zahlungsverkehr innerhalb eines Tages unbar überwiesen werden. Wenn der risikoreiche Weg des Transports von Bargeld „im Koffer“ von der VR China nach Deutschland zur Vermeidung der Rückverfolgbarkeit der Papierspur gewählt wird, muss regelmäßig davon ausgegangen werden, dass es sich um bemakeltes Geld handelt. Es gibt belastbare Tatsachen, dass diese Gelder in den Immobilienmarkt investiert werden.
Eine Abklärung der deklarierten Beträge auf ihre Herkunft durch den deutschen Zoll mittels einer Abfrage bei den Financial Intelligence Units (FIUs) dieser Länder findet jedoch nicht statt , weil es ausweislich der Antwort der Bundesregierung hierfür entweder keine bilateralen Regelungen gäbe oder eine solche Abklärung diese Personen der Gefahr hoher Freiheitsstrafen einschließlich der Todesstrafe aussetzen würde.
Aus der Antwort auf die Kleine Anfrage ergibt sich jedoch auch, dass in solchen Fällen auf anderweitige Ermittlungen oder auf vorläufige geldwäscherechtliche Sicherstellungen der Gelder durch den Zoll gänzlich verzichtet wird (§ 40 GwG). Sicherstellungen unter diesen Umständen hätten nicht nur einen abschreckenden Effekt, sondern würden der deutschen FIU mehr Zeit geben, den Sachverhalt zu untersuchen – und dies auch ohne Unterstützung der FIU im jeweiligen Drittstaat.
Im Ergebnis führt diese Praxis dazu, die die Überwachung des grenzüberschreitenden Barmittelverkehrs in Deutschland und die Implementierung der Anmeldepflicht beim Zoll zur buchhalterischen Pflichtübung bei der Erfassung von Barmittelanmeldungen und zur Sanktionierung von formalen Verstößen gegen diese Pflicht mutiert sind, ohne dass sich der Zoll dabei von einer fundierten Risikoanalyse bei der Einfuhr von Bargeld leiten ließe. Ein wirksames Instrument gegen die Geldwäsche stellen sie aufgrund ihrer formalen Implementierung nicht einmal ansatzweise dar.
Konsequente Wahrnehmung der geldwäscherechtlichen Aufsichtsbefugnisse der Präsidentinnen und Präsidenten der Landgerichte über Notare
Gem. § 50 Nr. 5 GwG sind die Präsidenten der Landgerichte zuständige Behörde für die Notare nach § 2 Absatz 1 Nummer 10 GwG. Zuständig ist der Präsident des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat (§ 92 Nummer 1 Bundesnotarordnung).
Aus diversen Kleinen Anfragen der Fraktion die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Deutschen Bundestag ist ersichtlich, dass die Bundesregierung trotz Rückkoppelung mit den Bundesländern keinerlei Erkenntnisse darüber besitzt ist, ob und welche Aufsichtsmaßnahmen nach § 51GwG von den Landgerichtspräsidenten ergriffen wurden. Mit Ausnahme des Landes Berlin, das nunmehr mehrere Stellen für die Aufsichtstätigkeit über Notare eingerichtet hat (die Einheit ist noch nicht operabel), hat bisher kein einziges Bundesland seit Inkrafttreten dieser Norm vor mehr als zwei Jahren entsprechende Aufsichtsstrukturen bei den Präsidenten der Landgerichte geschaffen. So unterlaufen die Justizbehörden der Länder das GwG.
Von allen Parteien im Deutschen Bundestag und der FIU wird beklagt, dass das Meldeaufkommen von Notaren in Deutschland (anders als in einigen anderen Ländern in der EU) marginal ist. Im Jahr 2017 wurden von Notaren 5 Meldungen nach § 43 Abs. 2 GwG gegenüber der FIU erstattet, von Banken mehr als 59.000. Im Jahr 2018 erstatteten Notare 8 Verdachtsmeldungen, Kreditinstitute mehr als 65000.
Dies liegt weniger an der für die Verpflichteten differierenden Rechtslage. Bei freien Berufen kann nach EU-Recht die Schweigepflicht nur durchbrochen werden, wenn der Verpflichtete Notar weiß, dass das Mandatsverhältnis für Geldwäschezwecke genutzt wird. Für andere Verpflichtete reichen hingegen Tatsachen, die auf Geldwäsche hindeuten, für das Entstehen der Meldepflicht aus. Verantwortlich für das unzureichende Meldeaufkommen bei Notaren ist in erster Linie jedoch die nicht vorhandene geldwäscherechtliche Aufsicht über Notare.
Nach dem GwG haben Notare wie andere Verpflichtete neben der Meldepflicht eine Vielzahl von Sorgfalts- und Organisationspflichten. Die Erfüllung dieses Maßnahmebündels hat einen wichtigen präventiven Effekt. Für Notare spielt insbesondere die Abklärung, Identifizierung und Dokumentierung des wirtschaftlich Berechtigten bei Grundstückskaufverträgen eine zentrale Rolle. Diese Pflicht wird in der Praxis formal oder gar nicht erfüllt.
Die bei der geldwäscherechtlichen Beaufsichtigung der Kreditinstitute und sonstigen Finanzdienstleister gewonnene Erfahrung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zeigt, dass nur durch eine konsequente Beaufsichtigung der pflichtigen Unternehmen, vornehmlich durch Prüfungen des Implementierungsstands vor Ort (on site visits) und die bußgeldrechtliche bzw. strafrechtliche Sanktionierung von Verstößen, eine ordnungsgemäße Implementierung gewährleistet wird. Eine bloße Sensibilisierung der Freien Berufe, wie von der Partei Bündnis 90/Die Grünen oder der FIU vorgeschlagen, reicht nicht aus.
Gem. § 51 Abs. 2 und 3 GwG können die Präsidenten und Präsidentinnen des Landgerichts bei den verpflichteten Notaren Auskunfts- und Vorlegungsersuchen sowie Prüfungen zur Einhaltung der in diesem Gesetz festgelegten Anforderungen durchführen. Die Prüfungen können ohne besonderen Anlass erfolgen. Die Aufsichtsbehörden besitzen hierfür wie Finanzmarktaufseher schrankenlose Betretens- und Akteinsichtsrechte, die ein Staatsanwalt nach der Strafprozessordnung nicht besitzt.
Die Senatoren und Justizminister der Länder sollten unverzüglich darauf drängen, dass bei den Landgerichten schnellstmöglich Prüfungsteams gebildet werden und deren Mitglieder sich hierfür das erforderliche Wissen aneignen. Bis diese Teams operabel sind, sollten Wirtschaftsprüfer mit Prüfungen beauftragt werden, falls diese die notwendige Expertise besitzen. Ein solches Outsourcing der Prüfungsaufgaben ist nach § 51 Abs. 3 GwG möglich.
Neben diesen Prüfungspflichten haben die Landgerichtspräsidenten eine Vielzahl von Organisationspflichten nach dem GwG zu erfüllen. In diesem Zusammenhang muss das Rad nicht in jedem Landgericht neu erfunden werden. Die Justizministerien sollten bei der Implementierung von Pflichten, die nur konzertiert in einem Bundesland oder zwischen den Bundesländern zu handhaben sind bzw. inhaltlich identisch umgesetzt werden können, durch die Einrichtung von Arbeitskreisen in den einzelnen Bundesländern oder durch Abstimmungen über die Justizministerkonferenz aus Gründen der Arbeitsökonomie eng zusammenarbeiten. Dies betrifft u.a:
- Die statistische Erfassung und Dokumentation der Aufsichtstätigkeit (§ 50 Abs. 9 GwG),
- die Operabilität eines Whistleblower-Systems (§ 53 GwG),
- die Auswertung von Auskunfts- und Vorlegungsersuchen sowie Vor-Ort-Prüfungen mit Blick auf den Umsetzungsstand und Schwachstellen bei der Implementierung,
- die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden (§ 55 GwG),
- die Ausarbeitung einheitlicher Standards für interne Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG),
- die Zurverfügungstellung von regelmäßig aktualisierten Auslegungs- und Anwendungshinweisen für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und der internen Sicherungsmaßnahmen nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäsche und von Terrorismusfinanzierung (§ 51 Abs. 8 GwG).
[1] https://www.wpk.de/uploads/tx_templavoila/FIU_Jahresbericht_2018.pdf.
[3] BT-Drucksache 19/7208: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten de Masi (die Linke) et al.
[4] Abrufbar unter: https://www.bnotk.de/_downloads/Anwendungsempfehlungen/Anwendungsempfehlungen_zum_Geldwaeschegesetz_BNotK.pdf
[5] https://www.bnotk.de/_downloads/Anwendungsempfehlungen/Anwendungsempfehlungen_zum_Geldwaeschegesetz_BNotK.pdf
[6] Deutsche Bundesbank Monatsbericht März 2018, Seite 52
[7] Europol „why is cash still king“ (2015), abrufbar unter https://www.europol.europa.eu/publications-documents/why-cash-still-king-strategic-report-use-of-cash-criminal-groups-facilitator-for-money-laundering