Mafia und Geldwäsche der Gegenwart

Ludovica Bölting hält einen Vortrag über Geldwäsche beim ersten Antimafia-Seminar in Köln.

Eine Zusammenfassung des Panels „Mafia und Geldwäsche der Gegenwart“, das ein Teil des ersten Antimafia-Seminars am 18. November 2023 war. Eine Aufzeichnung der Veranstaltung ist auf dem Youtube-Kanal von Mafianeindanke zugänglich. Nach dem Auftakt im Hörsaal II der Universität zu Köln teilte sich die Zuhörerschaft für den Nachmittagblock auf: Während im Hörsaal II die globalen Kokain Lieferketten nachvollzogen wurden, ging es an anderer Stelle mit der Veranstaltung zur Geldwäsche der Gegenwart weiter. Vier Speaker:innen behandelten das Thema aus ganz unterschiedlichen Perspektiven.

Den Anfang machte Christine Lustig, Teamleiterin der Strategischen Analyse „Branchen und Phänomene“ der Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland. Sie leitete mit ihrem Vortrag den Themenblock „Geldwäsche“ des Antimafia-Seminars ein. Zentraler Gegenstand des Vortrags war die Rolle der FIU bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Organisierter Kriminalität.

Zunächst wurden die Aufgaben der FIU sowie die aktuellen Entwicklungen der eingegangenen Verdachtsmeldungen vorgestellt. Bereits zu Anfang stellt sich Lustig der Annahme, dass es sich bei Geldwäsche um ein Verbrechen ohne Opfer handelt, entschieden entgegen: „Opfer sind letztlich wir alle als Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, Bürger und Bürgerinnen dieses Staates“. Darüber hinaus konstatierte sie, dass Geldwäsche für die OK essenziell sei, um illegal erwirtschaftete Gewinne in den legalen Wirtschaftskreislauf zu reinvestieren und somit die „Achillessehne des Organisierten Verbrechens dar[stelle]“. Die FIU hat die Organisierte Kriminalität als Risikoschwerpunkt anerkannt und ein eigenes Kompetenzfeld „Organisierte Kriminalität“ geschaffen. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf Geldwäsche-Aktivitäten in der Immobilien- sowie der Gastronomiebranche. Eine effektive Bekämpfung der Geldwäsche und die Rückverfolgung der Geldströme ermöglicht eine Bekämpfung bis auf die höheren Ebenen der Organisationen, welche oft nur schwer mit den Vortaten in Verbindung gebracht werden können. Ziel müsse hier sein, nicht nur die Geldwäscher zu überführen, sondern die Geldströme zu identifizieren und trockenzulegen. Da bezüglich der Bekämpfung der IOK grenzüberschreitende Kooperation dringend notwendig ist, besteht laut Lustig eine intensive Zusammenarbeit mit den italienischen Kollegen und Kolleginnen, die in Zukunft weiter vertieft werden müssen.

Ludovica Bölting, stellvertretende Vorsitzende von mafianeindanke und Associate der Regpit GmbH im Bereich der Geldwäscheprävention, referierte im Anschluss über aktuelle Mafiaermittlungen im Zusammenhang mit Geldwäsche. Auch nach ihrer Einschätzung stellt Geldwäsche die Grundlage der finanziellen Macht der OK dar, weshalb sie eindrücklich dafür plädiert, bei Ermittlungen gegen die OK stets auch Finanzermittlungen anzusetzen. Zunächst ordnete sie anhand aktueller Schätzungen den Umfang der weltweiten Geldwäsche im Bereich von 2 bis 5 % des weltweiten globalen Bruttoinlandproduktes (bzw. zwischen 800 Mrd. und 2 Bio. US-Dollar) ein. Den inhaltlichen Schwerpunkt bildeten Methoden der Geldwäsche sowie Aufbau und Arbeitsweise von kriminellen Dienstleistern im Bereich der Geldwäsche, die anhand von Praxisbeispielen mit Bezug zur IOK veranschaulicht wurden. Laut Bölting haben 32 % der OK-Gruppen Zugang zu sogenannte Geldwäschedienstleistern. Dabei handelt es sich um Einzelpersonen oder Netzwerke mit umfangreicher Recht- und Finanzexpertise sowie weitreichenden Kontakten. Das „Handbuchschema“ der Geldwäsche sieht, so Bölting, drei Schritte vor: Placement (Einspeisen), Layering (Verschleiern) und Integration. Welche Ausmaße dieser scheinbar simple Prozess annehmen kann, verdeutlicht die Schilderung des Falls von Roberto Recordare. Dieser wusch nach dem genannten Schema ca. 136 Mrd. Euro für ‘Ndrangheta, Cosa Nostra und Camorra. Infolge eines Verfahrensfehlers wurde das Verfahren gegen ihn dennoch eingestellt.

Abschließend betont Bölting die Relevanz adäquater gesetzlicher Regelungen sowie die zentrale Rolle der internationalen Zusammenarbeit für die Bekämpfung von Geldwäsche. Auch sprach sie sich für verbesserte Instrumente zur Konfiszierung von durch Geldwäsche finanzierten und zur Geldwäsche verwendeten Gütern aus.

Maik Bdeiwi, Experte für Geldwäscheprävention mit langjähriger Erfahrung bei mehreren internationalen Kreditinstituten, berichtete, wie eine einheitliche europaweite Bargeldobergrenze im Nicht-Finanzsektor (NFS) dazu beitragen könnte, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entgegenzuwirken. Damit einhergehend seien aber auch eine bessere Überwachung des Nichtfinanzsektors, die Schaffung einer Akzeptanz für eine Bargeldobergrenze in der Bevölkerung sowie insbesondere die Implementierung von Kontrollmaßnahmen notwendig. Laut Bdeiwi besteht kaum ein Problembewusstsein für Geldwäsche oder notwendige Präventionsmaßnahmen.

Allgemein bietet Deutschland gute Rahmenbedingungen für Geldwäscher. Diese umfassen u. a. die allgemeine Affinität zum Bargeld, weshalb auch Bargeld in größeren Summen unauffällig bleibt, wirtschaftliche Stabilität und diverse Defizite innerhalb der Strafverfolgung. Darüber hinaus könnte bereits eine Bargeldobergrenze von 3000 € dazu beitragen, Geldwäsche zu erschweren und die entstehenden Verluste beim Waschen inkriminierter Gelder zu erhöhen, ohne dabei den Barzahlungsverkehr für alltägliche Transaktionen nennenswert zu behindern.

Thomas Seidel, ehemaliger Kriminalhauptkommissar beim Bundeskriminalamt sowie Gründer und Geschäftsführer von antifinancialcrime.org , thematisierte in seinem Vortrag die Rolle der Banken bei der Bekämpfung von Geldwäsche. Es fehle den Banken, so Seidl, trotz hoher Ausgaben im Compliancebereich eine intrinsische Motivation, Geldwäsche effektiv zu bekämpfen. Die eingesetzten personellen und finanziellen Ressourcen für die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben oder das Leisten von Strafzahlungen seien zwar beachtlich, aber nicht unbedingt effektiv. Um nicht nur gesetzeskonform zu sein, sondern Geldwäsche und andere Formen von Finanzkriminalität tatsächlich zu bekämpfen, müssten Banken proaktiv verdachtsunabhängige Ermittlungen in Risikobereichen wie Trade Finance, International Wealth Management oder Aktienhandel durchführen. Weiterhin bekräftigt Seidel, wie entscheidend Kooperation und Austausch zwischen Banken und Strafverfolgung für die Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche seien. Infolge ihrer Anpassungsfähigkeit und der stetigen Weiterentwicklung der Methoden der Geldwäsche stellt die IOK in diesem Kontext eine besondere Herausforderung für die Kreditinstitute dar.

In einer Frage- und Diskussionsrunde mit den Referenten und Referentinnen hatte auch das Publikum anschließend noch die Chance für einige Wortbeiträge und Rückfragen.