Am 18. Mai 2017 hat der deutsche Bundestag die Einrichtung eines elektronischen Transparenzregisters beschlossen, in dem Unternehmen und öffentliche Stiftungen in Deutschland ihre wahren Eigentümer, die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten (“beneficial owners”) offenlegen müssen. Dabei handelt es sich um natürliche Personen, die unabhängig von der Beteiligungsstruktur des Unternehmens wirtschaftlich profitieren (denen also die Gewinne zufließen).
Mit dem Gesetz wird ein Teil der im Juni 2015 vom EU-Parlament und vom Europäischen Rat verabschiedeten vierten EU- Geldwäscherichtlinie (Directive EU 2015/849) in deutsches Recht umgesetzt. Die neuen Bestimmungen ermöglichen die Ergreifung präventiver Maßnahmen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (zum selben Maßnahmenpaket gehört auch die Unterstellung der bisher beim Bundeskriminalamt BKA angesiedelten FIU – Financial Intelligence Unit dem Zoll). Beschleunigt hat das Gesetzesvorhaben die Enthüllung der Panama Papers: Im Zuge dieses Skandals erlangte eine breite Öffentlichkeit Kenntnis von der Problematik um Offshorefirmen, Strohmänner, intransparente Firmenstrukturen, insbesondere verschachtelte Firmengeflechte (sogenannte Chinese Boxes) und Briefkastenfirmen, mit denen die wahren Eigentümer von Unternehmen, denen tatsächlich die Gewinne dieser Unternehmen zufließen, verschleiert werden,wodurch die politischen Entscheider unter Druck gerieten.
Das vom Bundestag beschlossene Transparenzregister soll die wahren Eigentümer, die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten oder beneficial owners sämtlicher juristischer Personen in Deutschland (Unternehmen, Stiftungen, etc.) erfassen; allerdings ist das Register nicht öffentlich zugänglich. Vielmehr müssen Behörden sowie andere Personen oder Einrichtungen ein berechtigtes Interesse nachweisen, um das Register einsehen zu können.
Ungeachtet der erklärten Absicht der Bundesregierung, mehr Transparenz schaffen zu wollen, scheint das Gesetz weder diesem Ziel, noch den Forderungen der europäischen Richtlinie gerecht zu werden. Ungehört blieben dabei auch die Forderungen und Appelle von Sachverständigen, darunter zuletzt auch der Beitrag von Tax Justice Network, Netzwerk Steuergerechtigkeit und Transparency International bei der öffentlichen Anhörung zum Gesetz im Finanzausschuss am 24. April 2017, an der auch Mafia? Nein, Danke! teilgenommen hat. In der Folge hat die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs bei Transparenzinitiativen, einigen politischen Parteien und verschiedenen Bundesländern heftige Kritik hervorgerufen.
Besonders kritisiert wurden dabei drei Punkte, zu denen die Parteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen auch Änderungsvorschläge eingebracht hatten, die aber nicht berücksichtigt wurden:
- Der nicht öffentliche Zugang zum Register, der willkürlich begrenzt werden kann, da er von der Definition des “berechtigten Interesses” abhä Außerdem setzt die Pflicht zum Nachweis eines berechtigten Interesses NGOs und Journalisten der Gefahr aus, ausspioniert zu werden (da sie zum Nachweis des berechtigten Interesses Details ihrer Arbeit preisgeben müssen).
- Die in dem verabschiedeten Gesetz enthaltene Begriffsbestimmung von wirtschaftlich Berechtigtem/ beneficial owner (BO) bietet die Möglichkeit, die Berechtigten – d.h. die wahren Eigentümer und Hintermänner von Firmen – mithilfe von ausländischen Firmenkonstrukten weiterhin zu verschleiern.
- Einige Bestimmungen des Gesetzes begrenzen außerdem erheblich dessen Reichweite: Zum Beispiel müssen deutsche Unternehmen nur dann den wirtschaftlich Berechtigten offenlegen, wenn die Firma oder deren Aktionäre direkt von einem wahren Eigentümer / wirtschaftlich Berechtigten kontrolliert werden. Bei mehreren Rechtsträgern fällt die Deklarationspflicht auf den wahren Eigentümer selbst. Ganz klar eine Hintertür für den wirtschaftlich Berechtigten, die sogar eine Verletzung der vierten Geldwäscherichtlinie darstellen könnte, nach der die wirtschaftlich Berechtigten ausnahmslos offenzulegen sind.
Neben der Kritik aus der Zivilgesellschaft hat der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke, Axel Troost, das Gesetz scharf kritisiert: In einer Pressemitteilung bezeichnete er das Gesetz als Rückschritt gegenüber europäischen Standards zur Geldwäschebekämpfung, mit dem Deutschland bei der Geldwäschegesetzgebung sogar noch hinter Großbritannien zurückfiele. Außerdem könne laut Troost die Ausgestaltung des Registers in seiner jetzigen Form die Wirksamkeit der gesamten deutschen Geldwäschegesetzgebung untergraben.
Nachbesserungen am Gesetz sind kaum zu erwarten: Diese Aufgabe fiele jetzt dem Bundesrat zu, aber in Anbetracht der derzeitigen politischen Lage und der bevorstehenden Bundestagswahlen besteht kaum Hoffnung.
Mit dem Gesetz wird auch der Kreis derer erweitert, die bei Transaktionen und Geschäftsbeziehungen verpflichtet sind zu prüfen, ob ein Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besteht. Die Prüfpflicht wurde auf sämtliche Güterhändler ausgeweitet, die Barzahlungen ab 10.000 Euro annehmen oder tätigen (der Grenzwert lag bisher bei 15.000 Euro). Diese Regelung betrifft vor allem Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen.