Das Leben der Mafiosi in den Niederlanden wird hoffentlich endlich schwieriger – dies ist zumindest das Ziel der italienischen und holländischen Behörden, die ein Abkommen über eine neue Polizeieinheit geschlossen haben, die sich ausschließlich der organisierten italienischen Kriminalität widmet. Dieser Schritt ist von entscheidender Wichtigkeit, vor allem, wenn man die Verbreitung des mafiösen Phänomens in Nordeuropa und im Besonderen in Deutschland und den Niederlanden bedenkt.
Es genügen wenige Beispiele um aufzuzeigen, wie stark das Land der Tulpen bereits nicht nur von der ‘ndrangheta infiltriert ist: man bedenke die Verhaftung des ‘ndrangheta Bosses Francesco Nirta, einer der Täter des Blutbades von 2007 in Duisburg, in einer Luxuswohnung in Nieuwegen bei Utrecht; er galt als einer der zehn gefährlichsten und meistgesuchten Mafiosi Italiens und wurde mit 40 Kilogramm Kokain und tausenden Euro Bargeld geschnappt, die in der Wohnung und in seinem Auto versteckt waren.
Man denke darüber hinaus an die Verstrickung der Mafia in den Blumenmarkt von Aalsmeer: der 2016 in Rom verhaftete ‘ndranghetista Vincenzo Crupi aus dem kalabrischen Dorf Siderno hatte ein erfolgreiches Geschäft mit Blumen begonnen. Er verschleierte damit seinen international angelegten Drogenhandel und betrieb Geldwäsche in den Niederlande. Die seit 20 Jahren in Holland aktive Firma rief keinerlei Verdacht über ihre eigentlichen Geschäfte hervor.
“Sie hatten keine Ferraris oder Luxusuhren. Nichts auffälliges. Es schienen normale Menschen zu sein, waren sie aber nicht”, so die Erklärung der holländischen Polizei bei der Verhaftung. Das unscheinbare Profil ist ein grundlegendes Charaktermerkmal der italienischen mafiösen Aktivitäten im Ausland, zumindest in den letzten Jahrzehnten; Aufmerksameit erregen ist den Geschäften nicht zuträglich. Dies ist auch eine Lehre, die die ‘ndrangheta aus dem Sechsfach-Mord von Duisburg zog.
Ein weiteres Beispiel ist das Restaurant “Rocco’s Pizza” in Den Haag: geführt vom ‘ndranghetista Rocco Gasperoni, der erst im Mai 2016 verhaftet wurde. Viele Jahre konnte er seine illegalen Aktivitäten in den Niederlanden ungestörten betrieben. Trotz zahlreicher Aufforderungen der italienischen Behörden gen Holland, denen Gasperoni schon sein 1997 als Drogenhändler bekannt war. Die Anschuldigungen gegen ihn waren zudem recht detailliert: so schrieben die Ermittler, er importiere seine Drogen zwischen amerikanischen Jeans, die dann in seinem Bekleidungsgeschäft, ebenfalls in Den Haag, verkauft würden. Geholfen hat es nichts. Während er nun auf den Prozess in Italien wartete, gelang es Gasperoni sogar noch, ein Restaurant zu eröffnen, eben “Rocco’s Pizza”. Nach der Verurteilung blieb er für weitere neun Jahre in den Niederlanden in Erwartung seiner Verhaftung durch die niederländische Polizei, nach stetig wiederholten Aufrufen dazu durch Italien. Ein Vorgehen, das die italienischen Ermittler auch aus Deutschland kennenlernen mussten, wo eine Nichtverhaftung sogar den Tod eines jungen Mannes zur Folge hatte.
Die nun gegründete spezielle Antimafia-Einheit ist die niederländische Antwort auf die vielfache Kritik und wiederholten Aufforderungen von Seiten der italienischen behörden, die sich über fehlende wirksame Instrumente zur Bekämpfung der organisierten italienischen Kriminalität in Holland beschwerten. Die fortdauernde Präsenz von Mafiosi und ihren rechtswidrigen Aktivitäten in den Niederlanden über immer längere Zeiträume sind ein klares Zeichen für die Notwendigkeit, an dieser Stelle etwas zu unternehmen. Vielfältig sind die Interessen und illegalen Geschäfte der Mafia-Clans im Großraum Amsterdam: die geografische Lage ist von zentraler Bedeutung im Drogenhandel, auch Dank der Nähe zu den Häfen von Rotterdam und Hamburg, die bevorzugte Zentren für den Rauschgifthandel aus Südamerika sind.
Da eine europäische Staatsanwaltschaft, die sich auch um Organisierte Kriminalität kümmert, noch in weiter Ferne ist, sind nationale Vorgehen derzeit die einzige Möglichkeit, dem globalen Charakter des Vorgehens der Organisierten Kriminalität zu begegnen. So gesehen ist der niederländische Schritt mit Sicherheit von Bedeutung. Der Zug wird von der niederländischen Polizei positiv aufgenommen. “Wir wissen, wie gefährlich diese Personen sind. Wir möchten eine klarere Vorstellung vom Ausmaßen ihrer Tätigkeiten hier haben. Wir haben mit einem Kronzeugen gesprochen, der sehr interessante Informationen für uns hatte” sagte der Chef der Kriminalpolizei Wilbert Paulissen gegenüber der niederländische Zeitung AD.
Man wird diese Einheit am Ende aber an den Ergebnissen messen müssen. Andere Länder zeigen, dass spezialisierte Polizeien ein erster Schritt, aber keineswegs der Weisheit letzter Schluss ist. So gibt es sowohl in Deutschland wie in der Schweiz spezialisierte Ermittler. Sie sind wichtig, doch der Ausdehnung der Mafia Einheit gebieten können sie nicht. Es sind schlicht zuwenig Kräfte und für diesen Zweck ungeeignete Gesetze. Schauen wir, welche Erfolge das niederländische Beispiel zeitigt.