In den letzten anderthalb Monaten wurden in Deutschland drei Männer festgenommen, die unter Verdacht stehen, einer Mafiaorganisation anzugehören. Alle drei wurden in der Folge an die zuständigen Behörden in Italien ausgeliefert. Die drei Festnahmen zeigen, dass bei funktionierender Kooperation mit den Behörden in Italien auch hierzulande etwas gegen die Mafia getan werden kann, dank der rigideren Gesetze in Italien. Zugleich machen die Festnahmen deutlich, dass die Aufmerksamkeit gegenüber kriminellen Organisationen nicht nachlassen darf. Und es wurde einmal mehr klar, dass die Mafia nicht nur in Großstädten vertreten ist, sondern auch auf dem Land.
Die erste Festnahme fand am 30. April in einer koordinierten Aktion der italienischen und deutschen Polizei in Traunstein in Oberbayern statt. Bei dem Verhafteten handelt es sich um den 21-jährigen Arcangelo C., Mitglied des Mazzarella-Clans der kampanischen Camorra, der wegen Beteiligung an einer Mafiavereinigung per europäischem Haftbefehl gesucht wurde: Die Staatsanwaltschaft Neapel hatte den Haftbefehl am 15. Februar verhängt, nachdem es im Osten Neapels wiederholt zu Racheaktionen verfeindeter Clans im Kampf um die Kontrolle über Drogengeschäfte und Schutzgelderpressungen gekommen war. Arcangelo C. war vermutlich bereits vor Erlass des Haftbefehls im Februar in Deutschland als Koch und Barkeeper tätig; doch obwohl der junge Mann flüchtig war, postete er weiterhin Fotos und Beiträge auf seinem Facebook-Profil, dank derer ihm die italienische Polizei letztlich auf die Schliche kam und seine Verhaftung veranlasste.
Der zweite wichtige Schlag gegen das organisierte Verbrechen gelang am 7. Mai im hessischen Biebesheim. In einer koordinierten Aktion der Polizei der Städte Catania und Adrano (Provinz Catania) sowie der Polizei Darmstadt wurde Nicola A., genannt „Cola tri piedi“, ein wichtiges Mitglied des Scalisi-Clans der sizilianischen Cosa Nostra, festgenommen. Der seit Juli flüchtige 37-Jährige war einer groß angelegten Antimafia-Razzia des mobilen Einsatzkommandos Catania und des Kommissariats Adrano entkommen, bei der 39 Personen verhaftet wurden, die dem Scalisi-Clan angehören sollen. Dem per europäischem Haftbefehl gesuchten Sizilianer werden Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des Drogenhandels sowie Besitz und Verkauf von Drogen, Erpressung, Raub, Hehlerei, unerlaubter Waffenbesitz und Brandstiftung vorgeworfen. Zu verdanken ist dieser Erfolg „Eurosearch“, dem gemeinsam von Europol und der Zentralstelle für Operative Einsätze (SCO) der Polizia di Stato ins Leben gerufenen Projekt, das flüchtige Mafiamitglieder in ganz Europa aufspüren soll; die Verhaftung von Nicola A. ist das erste Ergebnis dieser europaweiten Initiative.
Die dritte Ergreifung eines hochrangigen Mafioso gelang am 12. Mai in Köln. Antonino C., genannt „Ninu ′u paturnisi”, war seit Januar auf der Flucht und der zweite Fahndungserfolg des „Eurosearch“-Projekts. Der Verhaftete ist Mitglied der sizilianischen Cosa Nostra, genauer des Santangelo-Clans aus Adrano. Der 27-Jährige wurde seit dem 30. Januar gesucht, als er einer Razzia des mobilen Einsatzkommandos Catania und des Kommissariats Adrano entging, bei der weitere 32 Personen verhaftet worden waren. Auch gegen ihn war ein europäischer Haftbefehl erlassen worden aufgrund von Mitgliedschaft in einer Mafiavereinigung mit erschwerendem Tatbestand einer bewaffneten Vereinigung, Erpressung, Raub, Drogenhandel, Diebstahl, illegalem Waffenbesitz und Brandstiftung. An der Aktion waren die Bezirksdirektion der Antimafia-Polizei Catania, die Polizei und das mobile Einsatzkommando Catania, das Kommissariat Adrano, die deutsche Polizei und Europol beteiligt.