Wie ein Mantra verkünden die CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag und die Deutsche Bundesbank, dass Bargeld bei der Geldwäsche keine zentrale Rolle mehr spiele. Die Geldwäscher seien längst auf komplexere Methoden der Geldwäsche, etwa Kryptogeld umgestiegen. Eine steile These, die durch Europol und viele Experten längst widerlegt worden ist. Für bestimmte Methoden der Geldwäsche, etwa bei Betäubungsmitteldelikten und Steuerhinterziehung, hat das Bargeld nach wie vor eine große Bedeutung. Der Grund: Es hinterlässt keine Papierspur.
Ein von der Europäischen Kommission im Juli 2021 vorgeschlagener Verordnungsentwurf (Art 59) sieht im Geschäftsleben zur Minimierung der Geldwäscherisiken u. a. ein Barzahlungsverbot in der Europäischen Union für Bartransaktionen ab 10.000 Euro vor. Diesen Vorschlag, der bereits Kompromisscharakter hat, lehnt die CDU/CSU-Fraktion vehement ab. Nur 9 von 27 EU-Staaten haben bisher in ihren nationalen Gesetzen keine solche Verbotsnorm, darunter Deutschland. In den meisten EU-Staaten ist dieser Schwellenwert erheblich niedriger und hat dort keinen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Er beträgt in Griechenland 500 Euro, in Frankreich oder Italien 1000 Euro. Die Kommission müsse auf die „nationalen Befindlichkeiten“ (sic!) in den Mitgliedsstaaten Rücksicht nehmen, meint der EU-Parlamentarier Markus Ferber (CSU) kryptisch. Ob sich die neue Regierungskoalition dem Vorschlag anschließt, ist ebenfalls mehr als offen, da es schon immer ein Anliegen auch der FDP war („Bargeld ist Freiheit“), solche Obergrenzen mit Rücksicht auf eine unterstellte mythische Bargeldaffinität der Deutschen zu verhindern.
Es gibt keine belastbaren Untersuchungen darüber, ob es die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland – anders als in den meisten Nachbarländern – tatsächlich als Eingriff in ihre Freiheitsrechte empfinden, wenn sie Güter und Dienstleistungen zu einem Preis von 10.000 Euro und mehr nicht bar bezahlen können. Zu den Geschäften des Alltags gehören solche Zahlungen für die große Mehrheit der Bevölkerung jedenfalls unstreitig nicht. Auch SPD und Grüne waren bei der Unterstützung dieses Vorschlags der Kommission in der Vergangenheit unsichere Kantonisten. Aus der Angst heraus, in das Trommelfeuer der selbsternannten Verteidiger eines konstruierten Bürgerrechts auf unbeschränkte Bargeldzahlungen zu geraten, haben beide Parteien solche Vorschläge immer abgelehnt – auf Kosten einer wirksamen Verhinderung der Geldwäsche im Bereich der Drogenkriminalität und der Steuerhinterziehung.
Bargeldverbote sind zwar für mafianeindanke kein Allheilmittel für die gesamte Geldwäscheproblematik, aber ein notwendiger Baustein. Nur zwei Abgeordnete (der SPD) haben sich bisher mutig aus der Deckung gewagt: Die Abgeordneten Fiedler und Zimmermann fordern ein solches schwellenwertbezogenes Verbot, weil große Bargeldsummen der Schmierstoff der organisierten Drogenkriminalität sind.
Die Realität sieht also anders aus, als sich dies die Bundesbank, die größte Emittentin von Bargeld in der Eurozone, interessegemäß zurechtlegt. Das in Deutschland emittierte Bargeldvolumen beträgt per Dezember 2020 821 Mrd €. Trotz modernster bargeldloser Zahlungsprodukte am Markt, die Zahlungen schnell und sicher abwickeln, steigt dieses Volumen – anders als bei anderen Zentralbanken in der Eurozone – nur in Deutschland noch immer deutlich. Davon profitieren auch Kriminelle, wie das aktuelle Beispiel belegt:
Die britische National Westminister Bank wäscht Bargeld aus Drogengeschäften gleich sackweise
Im Oktober 2021 hat das britische Kreditinstitut National Westminster Bank (NatWest), die größte britische Geschäftsbank und Tochter der Royal Bank of Scotland, im Zuge der Ermittlungen der britischen Finanzaufsichtsbehörde FCA eingeräumt, in einem Fall Geldwäsche über rund 365 Millionen Pfund (426 Millionen Euro) in 5 Jahren nicht verhindert zu haben. Die Kuriere brachten die Gelder mit Müllsäcken in die Filialen: Die NatWest unternahm nichts dagegen, dass eine Bande von Kriminellen in bis zu 50 ihrer Filialen Hunderte von Millionen Pfund auf Konten des in Bradford ansässigen und inzwischen geschlossenen Juweliers Fowler Oldfield eingezahlt wurden, der als zentrale Bargeldwäschestelle für die Drogenkriminalität diente.
Keine Kundensorgfaltspflichten wurden von der Bank angewandt; auch eine Verdachtsmeldung wurde nicht erstattet. In einem Fall schleppten die Geldboten so viel Bargeld in die Zweigstelle im mittelenglischen Walsall, dass die Säcke zerrissen und das Geld neu verpackt werden musste. 365 Millionen Pfund, davon 264 Millionen in bar, landeten so auf NatWest-Konten, zumeist in Kleinstädten, ohne dass die Bank die Herkunft der Gelder überprüfte, wie dies britische Gesetze vorgeben. In einer Filiale waren es allein 40 Millionen. Hier reichten die raumhohen Tresore in den Filialen nicht aus, das entgegengenommene Bargeld zu deponieren. Pikant ist die Sache auch, weil NatWest in der Finanzkrise vom Staat gerettet wurde und immer noch mehrheitlich in öffentlicher Hand ist.
Wegen Geldwäsche wurde NatWest am 13.12.2021 vom Londoner Southwark Crown Court zu einer Geldstrafe von 265 Millionen Pfund Strafe verurteilt. Die Strafe wurde jedoch aufgrund des Schuldgeständnisses von NatWest von 397 Millionen Pfund auf diese Geldstrafe herabgesetzt. Bereits vorher musste die Bank Rückstellungen in dieser Größenordnung in der Bilanz bilden. Bei der Urteilsverkündung wies das Gericht darauf hin, dass die Geldstrafe so hoch sein müsse, „damit dies das Management und die Aktionäre der Bank spüren“.