Heute hat der Zoll in Hamburg bekanntgegeben, dass im Hamburger Hafen 4 500 Kilogramm Kokain beschlagnahmt worden sind. Das ist die größte je beschlagnahmte Menge in Deutschland. Das Kokain hätte auf dem Markt rund 1,4 Milliarden Euro erbracht. Meist ist das aus Südamerika gelieferte Material sehr rein, so dass es auf die drei- bis vierfache Menge gestreckt wird, bevor es in den Handel gelangt. Ein Gramm verschnittenes Kokain kostet auf der Straße rund 80 Euro.
Der Stoff kam in Containern mit Soja-Lieferungen und war in Sporttaschen verpackt. Häufig liegen in diesen Containern dann Ersatzschlösser für die Container. Noch bevor die Container “offiziell” im Hafen eingehen, werden sie von speziellen Dienstleistern im Auftrag von Kriminellen geöffnet, die Sporttaschen werden abtransportiert und die Container mit den Ersatzschlössern wieder gesichert, die exakte Duplikate der Originalschlösser sind, so dass das Entfernen der Taschen nicht nachvollziehbar ist. Dieses Mal klappte dieses Verfahren aus irgendwelchen gründen nicht und der Zoll sicherte diese immense menge Kokain, bevor Kriminelle sie bekommen konnten. Der Stoff wird nach der Beschlagnahme erfasst und in der Regel unter Beaufsichtigung verbrannt.
Diese abgefangene Rekordlieferung zeigt erneut, dass Europa eine Kokainschwemme erlebt. Der Bedarf ist ungebrochen hoch, die bestehende globale Anti-Drogen-Politik offensichtlich wirkungslos. Der Kokainmarkt sorgt Tat für Tag dafür, dass Milliardengelder in die Hände krimineller Organisationen gelangen. Daher ist eine wirkungsvolle Bekämpfung von Geldwäsche wichtig, denn nicht nur die Drogen haben eine schädliche Wirkung, sondern auch der mit ihnen erzielte finanzielle Gewinn. Gegenwärtig ist die Rede davon, dass Milliarden in deutschen Immobilien gewaschen werden. Es ist gut, dass die Maßnahmen dagegen verstärkt werden. Allerdings ist vor diesem Hintergrund extrem fraglich, warum die Bezahlung von Immobilien mit Bargeld nach wie vor erlaubt bleibt. Dies ist eine Einladung an Gangster aus aller Welt, hierzulande zu investieren. Es bedarf allerdings einer umfassenden Bekämpfung von Geldwäsche. Es muss ausgeschlossen sein, dass Wertgegenstände wie etwa gebrauchte und neue Automobile, Uhren, Kunstwerke und Schmuck dafür benutzt werden können. Auch komplizierte Mechanismen der Geldwäsche wie der Handel mit Unternehmensbeteiligungen sowie Investments mit schützenden Finanzinstrumenten wie geschlossenen Fonds und Trust-Konstruktionen müssen in den Blick gerückt werden.
Ein weiterer Aspekt der Kokainschwemme, der häufig außer Acht gelassen wird, ist die Seite der Konsumenten. Selbst Top-Politiker konsumieren den Stoff. Gesellschaftliche Eliten kaufen ihre Drogen jedoch nicht auf dem Straßenmarkt, sondern in Strukturen wie Luxusrestaurants und anderen geeigneten Anlaufstellen. Diese Kontakte zwischen Drogenhändlern und derartigen Konsumenten begünstigen die Verfolgung der Strukturen, die diese Klientel versorgen, keineswegs. Auch aus diesem Grund wären politisch unabhängige Staatsanwaltschaften in Deutschland ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität.
Warum ein solch immenses Geschäft wie das in Hamburg schief ging, darüber lässt sich im Moment nur spekulieren. Gegenwärtig versuchen neue Akteure im globalen Handel Fuß zu fassen. Ob dieser Umstand etwas mit der jetzt erfolgten Rekordbeschlagnahme zu tun hat, wird sich zeigen. Ebenso wird es interessant sein zu erfahren, welche Hintermänner und -frauen ermittelt werden. Denn eine Beschlagnahme allein ist am Ende wenig aussagekräftig.