Das italienische Antimafia-Kriminalamt Direzione Investigativa Antimafia (DIA) hat seinen Bericht über das zweite Halbjahr 2023 veröffentlicht. Darin beschreibt und analysiert es seine Ermittlungen und deren Ergebnisse im Berichtszeitraum. Neben Kapiteln über die Aktivitäten der einzelnen Mafia-Organisationen in den italienischen Regionen gibt es auch Kapitel über deren Tätigkeiten im Ausland. Um die Informationen des DIA-Berichts der deutschsprachigen Öffentlichkeit zugänglich zu machen, übersetzen wir seit Anfang 2023 die Kapitel über Deutschland sowie Österreich und die Schweiz und veröffentlichen sie auf unserer Webseite – alle weiteren Berichte finden Sie hier. Der DIA-Bericht über das zweite Halbjahr 2023 fällt mit 220 Seiten erheblich kürzer aus als vergangene Berichte (zum Vergleich: der vorherige war 376 Seiten stark). Das Original auf Italienisch ist auf der Webseite der DIA erhältlich.
Die Länge der Kapitel über das europäische Ausland hat extrem abgenommen. Während in den letzten Berichten Deutschland teils alleine drei Seiten füllte, werden nun alle europäischen Länger auf nur fünf Seiten zusammengefasst. Die Schweiz wird überhaupt nicht eigenständig erwähnt.
Deutschland im DIA-Bericht 02/2023
“Deutschland ist aufgrund seiner starken Wirtschaft und seiner geografischen Nähe ein Anziehungspunkt für italienische Mafiaorganisationen, die vor allem in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen tätig sind. Die ‘ndrangheta hat seit langem Niederlassungen in Deutschland, die sie auch nutzt, um einigen ihrer Mitglieder die Flucht zu erleichtern*.”
“*Am 5. September 2023 wurde eine bereits rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilte Person festgenommen, die für einen im Jahr 2003 in Paola (CS) begangenen Mord mit mafiösen Methoden verantwortlich gemacht wird und sich auf der Insel Sylt (Deutschland) niedergelassen hatte, wo sie als Personal Trainer in einem Luxushotel arbeitete, während am 27. Oktober 2023 in Duisburg ein Vertreter eines bekannten Mafiaclans aus San Luca (RC) verhaftet wurde, der im Rahmen der Operation „Pollino“ festgenommen worden war und eine Haftstrafe wegen Drogendelikten verbüßte.
Im Laufe des Halbjahres hat auch die apulische organisierte Kriminalität bewiesen, dass es Partner hat, die die Flucht einiger seiner Mitglieder unterstützen, wie die Festnahme eines Mannes am 22. September 2023 in Schwulper durch die deutsche Polizei zeigt, der am 1. Juli aus einer Sicherungsmaßnahme im Rahmen der Operation „The Wolf“ geflohen war, da er unter dem dringenden Verdacht stand, mit der Mafia in Verbindung zu stehen und mit Drogen zu handeln.”
Österreich im DIA-Bericht 02/2023
“Obwohl es keine feste Präsenz italienischer Mafia-Organisationen gibt, wird dieses Gebiet, auch aufgrund seiner geografischen Nähe zu unserem Staat, von bestimmten Gruppierungen für die Begehung von Geldwäschedelikten und im weiteren Sinne für die Reinvestition von illegalem Kapital* im Zusammenhang mit dem Drogenhandel „frequentiert“.”
*”Es wird auf die Cosa Nostra und auf die Vollstreckung einer vom Gericht Catania erlassenen Anordnung (im Anschluss an die Operationen „Follow the money“ und „Black blend“) zur Beschlagnahme von Vermögenswerten zweier Unternehmer aus dem Umfeld des SCALISI-Clans aus Adrano (CT), einem lokalen Zweig der Familie LAUDANI, am 6. Oktober 2023 verwiesen, die auch ein Unternehmen mit Sitz in Villach betraf. Die Unternehmer waren insbesondere im Bereich der Logistik und des Transports tätig und hatten ihre illegalen Geschäfte unter Mitwirkung der Mafia nach und nach auf andere Bereiche ausgedehnt und auf den Vertrieb von Erdölprodukten umgestellt.”
Foto: Direzione Investigativa Antimafia