Klare Kante gegen sozial- und wirtschaftsschädliche Organisierte Kriminalität und Finanzkriminalität

Pexels reinaldo 30774192

Erfolgreiche Maßnahmen gegen Finanzkriminalität. Ein Beitrag von mafianeindanke zu den Koalitionsverhandlungen im Bereich der Inneren Sicherheit.

Der Staat braucht effektive Instrumente, um die finanziellen Vorteile, die Geldwäscher und andere Finanzkriminelle aus ihren Taten erlangt haben, zurückzuholen. Verbrechen dürfen sich nicht lohnen. Kriminelle sollen die finanziellen Vorteile aus ihren Straftaten nicht behalten dürfen. Darüber herrscht zwischen den zukünftigen Koalitionspartnern CDU/CSU und SPD seit langem Übereinstimmung. Jetzt müssen Taten folgen.

In der kommenden Legislaturperiode müssen bei der Inneren Sicherheit Maßnahmen gegen die Organisierte Kriminalität inklusive Wirtschafts- und Finanzkriminalität absolute Priorität haben.

  • Die angespannte Haushaltslage in Bund und Ländern gebietet es, dass der Staat die ihm hinterzogenen Gelder von kriminellen Netzwerken mit mehr Einsatz zurückholt.
  • Die Alarmsignale für einen überlasteten Rechtsstaat häufen sich. Der Deutsche Richterbund weist im März 2025 darauf hin, dass aktuell 933.000 unerledigte Fälle bei den Staatsanwaltschaften liegen.

Ein ganzes Maßnahmenbündel von gesetzlichen und untergesetzlichen Reformschritten im Bund und den Ländern ist nötig.

  1. Nicht nur zusätzliche gesetzliche Kompetenzen, sondern auch eine materielle und personelle Verstärkung der Ermittlungs- und Aufsichtsbehörden. Ziel muss sein, die eklatante Asymmetrie zwischen den bestens ausgestatteten Finanzkriminellen und ihres logistischen Umfelds (korrupten Rechtsanwält:innen, Steuerberater:innen, IT-Spezialist:innen) und den Ermittlungs- und Aufsichtsbehörden deutlich zu reduzieren.
  2. Eine Neuauflage des „Pakts für den Rechtsstaat“, in dem der Bund den Ländern mit Geldern aus vom Bund erhobenen Steuern unter die Arme greift: für eine bessere Strafverfolgung und Implementierung von Gesetzen des Bundes.
  3. Mehr Koordinierung und Lenkung zwischen den Finanzbehörden sowie schlanke Schnittstellen zu Polizei und Justiz und den Fahndungsbehörden in den Bundesländern und auf EU-Ebene. Dies führt zu effektiveren Abstimmungsprozessen und einer Bündelung von Wissen und Ressourcen.
  4. Mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Organisierte Kriminalität und mehr Steuerfahnder:innen in Bund (beim Bundeszentralamt für Steuern BZST) und Ländern. Jede neue Planstelle bei der Steuerfahndung holt das Mehrfache dessen an illegal angeeignetem Geld zurück, was die Stelle im Haushalt an Kosten verursacht.

Finanzkriminalität ist eine der größten Bedrohungen für unsere Wirtschaft.

Wer über Clankriminalität redet, darf nicht über Finanzkriminalität und andere OK-Formen schweigen. Geldwäsche, bandenmäßige schwere Steuerhinterziehung, Umsatzsteuerkriminalität und illegale Beschäftigung bzw. Schwarzarbeit im Logistik- und Baubereich verursachen dem Staat immense Schäden im dreistelligen Milliardenbereich. Doch in den Lagebildern des Bundeskriminalamts (BKA), in der Ermittlungsarbeit im Bund und den Ländern sowie in der Politik und den Medien hat die ethnisch zugeordnete sogenannte Clankriminalität mehr Gewicht. Die gesellschaftlichen und ökonomischen Schäden der Finanzkriminalität gehen weit über das Phänomen der sogenannten Clankriminalität hinaus, welche auch nichts anderes als eine Subspezies der Organisierten Kriminalität (OK) ist.

Das Bundeskriminalamt klammert Schäden aus den Deliktsformen der Finanz- und Wirtschaftskriminalität in seinen Jahresberichten zur Organisierten Kriminalität aus, obwohl die Tatausführungshandlungen und das Agieren der Täter:innen meist deren Kriterien erfüllen. Die OK wird dadurch vom BKA realitätsfern auf einen bloßen Schaden von 3 Milliarden Euro pro Jahr heruntergerechnet. Auch aufgrund des Fehlens einer validen Dunkelfeldforschung entsteht so ein geschöntes und realitätsfernes Bild über die Gefahren der OK für Gesellschaft und Wirtschaft.

Bestehende Gesetzesvorschläge sinnvoll weiterentwickeln.

Ein Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG) mit Biss: Das von Finanzminister Lindner ausschließlich gegen Geldwäsche im Jahr 2023 vorgelegte FKBG ist in der letzten Legislaturperiode gescheitert. Durch die geplante Schaffung eines neuen Bundesamtes zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) wäre zwar eine neue themenspezifische Behörde entstanden, die jedoch voraussichtlich keine qualitativen Kompetenzen bei Finanzermittlungen und Vermögensabschöpfung gehabt hätte. Die Kritik von CDU/CSU an diesem Gesetzesentwurf teilen wir.

Schaffung einer Zollpolizei: Die CDU/CSU-Fraktion will stattdessen eine Bündelung der Kompetenzen für (verfahrensunabhängige) Finanzermittlungen beim Zoll und im Ergebnis die Schaffung einer Zollpolizei, die auch mafianeindanke befürwortet und in der Vergangenheit als Organisationskonzept vorgeschlagen hat. Vor der Abstimmung des Regierungsentwurfs haben zutreffend auch einzelne Mitglieder der Regierungsfraktionen (SPD-MdB Fiedler) auf die Gefahren von Doppelarbeit, der Schaffung von Parallelstrukturen und Bürokratie bei der von vom Bundesministerium der Finanzen initiierten Schaffung einer neuen Behörde sowie die im Entwurf fehlende administrative Vermögensabschöpfung außerhalb eines Strafverfahrens hingewiesen.

Vermögensabschöpfung auch mit den Instrumenten des Verwaltungsverfahrensrechts: Die CDU/CSU geht in ihrem Antrag bei der sog. selbständigen Einziehung (§ 76a Abs. 4 StGB) über die JuMiKo-Vorschläge hinaus („all crime-Ansatz“). Das ist in der Tendenz unterstützenswert. Mit dieser Norm kann verdächtiges Vermögen unabhängig vom Nachweis einer konkreten rechtswidrigen Tat eingezogen werden, wenn ein Gericht überzeugt ist, dass der sichergesellte Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt. Allerdings stellt die strafprozessuale Norm nach wie vor zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichts, wie die Rechtspraxis zeigt. Zudem verbietet das Strafprozessrecht die oftmals als Lösung geforderte Beweislastumkehr. Vermögensabschöpfungen sind aber auch außerhalb des Strafrechts da möglich, wo die legale Herkunft von Vermögen nicht plausibel ist. Deshalb muss diese Norm vom Strafrecht in das Verwaltungsrecht (Recht der Gefahrenabwehr) transferiert werden, wo dann Maximen des Verwaltungsprozessrechts gelten und die Darlegungslast bei dem- oder derjenigen liegt, der/die Adressat:in der Einziehung ist. Verfassungsrechtlich wäre dieser Weg gangbar, da die Eigentumsgarantie nicht für kriminell erworbenes Vermögen gilt, wie das Bundesverfassungsgericht zutreffend festgestellt hat.

Schließung von strafrechtlichen Gesetzlücken bei der Einziehung von Vermögensgegenständen (73ff. StGB): Dafür hat sich die CDU/CSU-Fraktion im Dezember 2024 ausgesprochen. Die Schließung von Lücken zu Folgesurrogaten, Klarstellungen zu virtuellen Werten usw., die ursprünglich von der Justizministerkonferenz (JuMiKo) der Länder vorgeschlagen wurden und Hintergrund des CDU/CSU-Antrags sind, unterstützen wir. Dieser Vorschlag könnte in das FKBG, das ohnehin ein Artikelgesetz sein wird, integriert werden. Zusätzlich schlagen wir vor, eingezogene Grundstücke und Immobilien – wie nach italienischem Recht – sozialen Zwecken und gemeinnützigen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Nicht nur hier, sondern in allen Strategien gegen Organisierte Kriminalität, spielt die Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle. Deshalb fordern wir auch die Einrichtung einer zivilgesellschaftlich organisierten Beobachtungsstelle für Organisierte Kriminalität.

Nur eine ganzheitliche Bekämpfung von Organisierter Kriminalität funktioniert.

Organisierte Kriminalität ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und muss deshalb in einem ganzheitlichen Ansatz bekämpft werden. Dazu gehören unter anderem die in diesem Papier genannten Punkte: die Stärkung der administrativen Vermögensabschöpfung, die Einrichtung einer zivilgesellschaftlichen Beobachtungsstelle für Organisierte Kriminalität, und die soziale Wiederverwendung eingezogener Immobilien. Wir brauchen gemeinsames Engagement aus der ganzen Gesellschaft – ob Politik, Strafverfolgung, Presse, Wirtschaft, Wissenschaft oder Zivilgesellschaft – um den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität zu gewinnen.

Der Vorstand von Mafianeindanke im März 2025