Die Regierungschefs der Bundesländer haben sich auf eine Änderung des Glücksspielstaatsvertrages geeinigt. Der aktuelle Vertrag von 2012 läuft am 1. Juli 2021 aus. Dann soll der neue Staatsvertrag in Kraft treten, mit dem Online-Casinos in ganz Deutschland erstmals legal betrieben werden dürfen. Allerdings muss diesem Vertragswerk noch von mindestens 13 Länderparlamenten Anfang 2021 zugestimmt werden. Nachlesen lässt sich die Entwicklung unter diesem Link.
Im illegalen Online-Glücksspielmarkt werden gewerberechtliche Vorschriften und Straftatbestände von den Bundesländern de facto außer Kraft gesetzt.
Mit der Novellierung wollen die Länder auf den auf den boomenden Schwarzmarkt bei Online-Glücksspielen reagieren. Die Mehrheit der Bundesländer versucht schon seit längerem, durch eine Änderung des Glücksspielstaatsvertrags das bisher verbotene Online-Glücksspiel in ganz Deutschland trotz der eklatanten Geldwäscherisiken zu legalisieren, um hierdurch Steuereinnahmen für die Länderhaushalte zu generieren. Der Betrieb von Online-Casinos ist ein Wachstumsmarkt, der den stationären Spielhallen spätestens seit der Corona-Epidemie den Rang abläuft. Jährlich fließen zweistellige Milliardenbeträge von Deutschland in die Online-Casinos nach Malta, die dort kaum Steuern zahlen. Diese Transfers sind nach deutschem Recht illegal. Trotzdem schreiten die Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und die ebenfalls zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dagegen nicht ein. Die Kompetenzen hätten sie dafür, da das Anbieten von Online-Glücksspielen aus dem Ausland ohne deutsche Lizenz verboten und nach § 284 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar ist. Ebenfalls verstoßen deutsche Zahlungsdienstleister gegen das sog. Mitwirkungsverbot gem. § 4 Abs. 1 S. 2 des Glücksspiel-Staatsvertrags, wenn sie Gelder zu ausländischen Online-Casinos transferieren. Diese Transaktionen stellen deshalb auch einen Missstand dar, der die BaFin gegenüber Zahlungsdienstleistern nach dem Kreditwesengesetz und Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz zum Einschreiten ermächtigt. Auch die Verfolgung deutscher Anbieter wie Bwin, Tipico und Bet 3000, die sich im Inland nicht an das gültige Verbot für Online-Glücksspiele halten und sich deshalb strafbar machen, soll aufgrund einer Abstimmung der Staats- und Senatskanzleien nach den Recherchen der ARD vom 9.9.2020 nun ausgesetzt und diesen eine Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten des neuen Staatsvertrags in Form einer rechtlich unhaltbaren und politisch anrüchigen Duldung bis zu ihrer Konzessionierung eingeräumt werden.
Das Online-Glücksspiel ist eines der wichtigsten
Einfallstore für Geldwäsche
Aufgrund dieser Entscheidung der Regierungschefs zur Legalisierung des Online-Glücksspiels nimmt es nicht Wunder, dass die Geldwäscheproblematik dabei keine Rolle spielt. Man hat sich zwar über die Verhinderung der Spielsucht und über den Spielerschutz halbherzig Gedanken gemacht, die damit verbundenen Geldwäscherisiken wurden jedoch völlig negiert. Obwohl die Repräsentanten in Bund und Ländern jede passende Gelegenheit für mediale Bekenntnisse nutzen, entschlossen gegen dieses gesellschaftliche und ökonomische Übel vorzugehen.
Das Online-Glücksspiel wurde in der „Ersten Nationalen Risikoanalyse“ (Oktober 2019) des Bundesministeriums der Finanzen, an der die Länder mitwirkten, als „hoch geldwäschebedroht“ eingestuft. Sowohl von Spielern als auch von den Betreibern des Online-Glücksspiels kann das Online-Glücksspiel auf mannigfache Weise für Geldwäschezwecke genutzt werden. Das Geldwäscheparadies Malta als europäisches Eldorado für Anbieter des Online-Glücksspiels und der speziell dafür geschaffenen Infrastruktur für Zahlungsdienstleister belegen dies eindrücklich. Egal, ob die Betreiber lizenziert sind oder dort das Online-Glücksspiel illegal betrieben wird. Wie diverse Gerichtsverfahren und Verurteilungen in Italien zeigen, war es für die italienische Mafia ein leichtes, nicht nur konzessionierte Online-Casinos für ihre Zwecke zu nutzen, sondern Unternehmen für das Betreiben des Online-Glücksspiels zu gründen und diese lizensieren zu lassen.
Die mangelnde Transparenz über die komplexen unbaren Zahlungsströme zwischen Spielern und Betreibern der Online-Casinos macht das Online-Glücksspiel zur Black Box bei der Verfolgung von Geldwäscheaktivitäten. Die Abwicklung der Zahlungen wird im Massengeschäft des Zahlungsverkehrs über unterschiedliche Konten und Zahlungsinstrumente wie Kreditkartenzahlungen, Überweisungen, Lastschriften vorgenommen. E-Geld und virtuelles Geld, die bei der Nachvollziehbarkeit der Transaktionen im Online-Glücksspiel ein noch größeres Problem darstellen, spielen dabei eine immer bedeutendere Rolle. Da das Online-Glücksspiel und dessen Abwicklung im Zahlungsverkehr aufgrund der Kategorisierung durch das BMF als hoch geldwäschebedroht gilt, müssen alle Glücksspielbetreiber und Zahlungsdienstleister gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Geldwäschegesetz (GwG) angemessene Sicherungssysteme gegen Geldwäsche vorhalten, die verdächtige Transaktionen im Zusammenhang mit dem Online-Glücksspiel erkennen und aussteuern. Geschehen ist jedoch nichts. Damit wird auch das GwG in diesem Bereich nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Die Glückspielaufsicht der Länder hat das bisher erlaubte stationäre Glücksspiel mit Blick auf die Geldwäscheprävention nur lax beaufsichtigt, für das Online-Glücksspiel mit seinen deutlich höheren Geldwäscherisiken fehlt es zur Gänze an einem adäquaten Aufsichtskonzept und Risikobewußtsein, wie die Verwicklung der Länder in den aktuellen Finanzskandal um Wirecard zeigt:
Wirecard war von Anfang an ein zwielichtiges Unternehmen. Gerade wenn es um Geldwäsche im illegalen Glücksspiel ging. Die Medien berichteten mehrfach, dass Wirecard verbotenerweise den Zahlungsverkehr für die mafiöse Glücksspielindustrie in Malta und den USA abwickelte. Die Abwicklung von Zahlungen im illegalen Glücksspiel und für das Rotlichtmilieu war Kerngeschäft von Wirecard. Dennoch fanden im Jahr 2018 laut Capital vom 20.8.2020 im Zuge der geplanten Deregulierung des Online-Glücksspielmarkts in Deutschland zwischen dem Chef der Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz, Klemens Hoch (SPD) als Vertreter der Länder und Wirecard Gespräche zur zukünftigen Abwicklung der Transaktionen des Online-Glücksspiels in Deutschland statt, wobei Wirecard eine Monopolstellung hätte eingeräumt werden sollen. Wären diese Gespräche nicht am Ende gescheitert, hätten die Länder mit Wirecard den Bock zum Gärtner gemacht.
Noch ist es Zeit, die Einigung der Regierungschefs der Länder zur Legalisierung des Onlineglücksspiels zu kippen und durch eine konsequente Geldwäscheaufsicht gegen illegale Betreiber dieses Einfallstor für Geldwäsche zu verstopfen – über das entschlossene Nein der Länderparlamente und durch die Erhöhung des außerparlamentarischen Drucks der kritischen Öffentlichkeit. mafianeindanke wird ihr Möglichstes beisteuern, diesem Spuk ein Ende zu machen – im Interesse der Eindämmung der Organisierten Kriminalität durch den Rechtsstaat.
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