Pressemitteilung zum Bundeslagebild Rauschgift 2017: Der Drogenhandel – ein Business, das boomt und sich lohnt.

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Kokain ist in Deutschland für viele eine alltägliche Droge geworden, wie Cannabis und Alkohol. Dies zeigt das Bundeslagebild Rauschgiftkriminalität des BKA, dem zufolge es einen Anstieg um fast 20 Prozent bei Kokaindelikten gab und eine Vervierfachung der aufgegriffenen Drogenmenge. Auch dass der Straßenpreis des Kokaingemischs sich trotz der Beschlagnahmungen von Drogen nicht ändert, ist ein alarmierendes Zeichen: Wir erleben gegenwärtig eine Kokainschwemme in Europa, der die Behörden quasi ratlos gegenüberstehen.

Die gegenwärtige restriktive Drogenpolitik erweist sich als wenig wirksam: sie dämmt den Konsum von Drogen wie Kokain nicht ein. Zugleich sorgt sie dafür, dass die Profite krimineller Organisationen immer weiter steigen. Um den Import von und den Handel mit Drogen weniger attraktiv zu machen, müssen die Bemühungen zur Beschlagnahme kriminellen Kapitals massiv verstärkt werden. Die im vergangenen Jahr verabschiedete Neufassung des Gesetzes zur Vermögensbeschlagnahme hat die rechtlichen Möglichkeiten ein Stück weit verbessert, nun muss das Gesetz angewandt und weiter an die Situation in Deutschland angepasst werden.

In diesem Kontext vermisst mafianeindanke eine wichtige Kennzahl im Diskurs: die der beschlagnahmten Kapitalmengen aus dem Drogenhandel. Denn das allergrößte mit dem massiven Drogenhandel verbundene Problem ist, dass kriminelle Organisationen wie etwa die ’ndrangheta enorme Gewinne erzielen. Diese Gelder werden gewaschen, vor allem auch in Deutschland, das mit seinen politisch und wirtschaftlich stabilen Strukturen und seiner unzureichenden Gesetzgebung für die Mafia als Geldwäscheland hochattraktiv ist. Zugleich ist die Gefahr, dass kriminelle Profite hier beschlagnahmt werden, denkbar gering. So wurden in den Jahren von 2007 bis 2017 den italienischen Mafia-Organisationen laut Bundesregierung lediglich 5,85 Millionen Euro weggenommen. Zum Vergleich: an einem einzelnen Tag werden nachweislich allein in Berlin rund zehn Kilogramm Kokaingemisch gehandelt, was einen Umsatz von etwa einer Drei-Viertel-Million ergibt, somit einen Jahresumsatz von rund 275 Millionen Euro. Hochgerechnet auf Deutschland ergeben sich Milliardenumsätze allein mit Kokain: Geld, das dann abzüglich der Kosten des Drogenhandels in den Kassen der Kriminellen bleibt. Dies bedeutet, dass in Deutschland mit kriminellem Drogenhandel nicht nur Milliardenumsätze generiert werden, sondern dieses Geld auch hierzulande wieder investiert wird.

Aus Sicht einer NGO, die sich gegen Organisierte Kriminalität engagiert, ist es unerträglich, dass sich bei der Kontrollstelle für Finanzdelikte, der Financial Intelligence Unit FIU, die Verdachtsmeldungen zur Geldwäsche weiter stapeln. Die Einrichtung ist im vergangenen Jahr vom BKA zum Zoll umgezogen. Dies hat ihre Wirksamkeit nicht erhöht: Die Einrichtung hat aktuell einen Bearbeitungsstau von rund 30 000 Fällen, außerdem fehlt es weiterhin an Strukturen, die auch hochkomplexe Fälle durchleuchten können sowie dem Zugriff auf polizeiliche Akten. Hier ist dringend Nachholbedarf geboten. Zugleich bieten einfach zu nutzende Finanzkonstrukte wie Trusts und geschlossene Fonds hervorragende Möglichkeiten, Kapital aus Straftaten in großer Menge zu investieren, etwa im Immobiliensektor. kriminellen sichern solche Investments ihre Machtbasis. All das macht Deutschland zu einem Paradies für Drogenhändler und Organisierte Kriminalität.

Analysiert man die vorliegenden Daten, ist festzustellen, dass italienische Tatverdächtige offensichtlich wenig in den deutschen Kriminalstatistiken aufscheinen. Die globale Führungsrolle der ’ndrangheta, der kalabrischen Mafia, im Kokainhandel ist unumstritten. Auch von Deutschland aus organisieren italienische Mafia-Verdächtige den globalen Handel, wie italienische Polizeiermittlungen zeigen. Vor allem Vertreter der ’ndrangheta, verfügen über direkte Kontakte in den Produktionsländern von Kokain und organisieren den Import nach Europa. Der geringe Anteil an den Verdächtigen erklärt sich mit der zu beobachtenden Tendenz, dass Menschen anderer Nationalität, beispielsweise sind Albaner in diesem Zusammenhang bereits polizeilich aufgefallen, im Dienst der italienischen Mafia-Organisationen als Handlanger fungieren.