„Mehr Biss“ bei der Geldwäschebekämpfung?

Foto: Maurice Renois

Der Deutsche Bundestag erweitert den Geldwäschestraftatbestand und macht vom Bundesministerium der Justiz geplante Einschränkungen bei der Vermögensabschöpfung rückgängig

Der Deutsche Bundestag hat am 12. Februar 2021 das „Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche“ verabschiedet. Mafianeindanke hat in seinem Newsletter den Gesetzesentwurf der Bundesregierung thematisiert und auf regulatorische Defizite hingewiesen ( siehe hier und hier). Wir hatten uns mit unseren Änderungsvorschlägen an Abgeordnete des federführenden Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag gewandt.

Die Justizministerin und die Große Koalition feiern das Gesetz als großen Wurf. Durch die neuen Regeln werde, so eine Presseerklärung des Bundesministeriums der Justiz, die „Geldwäschebekämpfung mehr Biss“ bekommen, weil es dadurch einfacher sei, Geldwäsche nachzuweisen und Kriminellen illegale Profite abzunehmen. In der nun vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Fassung des Geldwäscheparagraphen sind zwar die von vielen Praktikern in der Strafjustiz und auch von mafianeindanke angesprochenen Defizite beseitigt worden. Der große Durchbruch bei der Geldwäschebekämpfung wird sich jedoch nach unserer Auffassung aus mehreren Gründen nicht einstellen:

Bisher konnte Geldwäsche nur dann verfolgt werden, wenn Vermögensgegenstände aus bestimmten, im Tatbestand einzeln aufgeführten Straftaten stammen. Es war dafür für die Ermittler der Nachweis eines „doppelter Anfangsverdachts“ erforderlich. Also sowohl für die Geldwäsche als auch für das spezifische Grunddelikt. Deutschland folgt nun wie andere Länder in und außerhalb der Europäischen Union einem „all crime-Ansatz“. Der Verzicht auf einen Katalog von bestimmten Vortaten schafft für die Ermittlungsbehörden beim Tatnachweis in der Tat Erleichterungen. Insoweit ist der „all-crime-Ansatz“ ein überschaubarer, aber durchaus notwendiger Baustein für eine Optimierung der Strafverfolgung. Allerdings wird das auch in Zukunft weiter bestehende Erfordernis, dass Vermögensgegenstände überhaupt einen kriminellen Hintergrund haben, schwer genug in Bezug auf das Grunddelikt nachzuweisen sein. Dies betrifft gerade komplexe Fälle der Organisierten Kriminalität, insbesondere dann, wenn sie einen Auslandsbezug aufweisen oder die Herkunft des illegal generierten Gegenstands in mehrfachen Umwandlungen und Transfers von Erträgen und Tatprodukten verschleiert wird.

Seit der Schaffung des Geldwäschestraftatbestands § 261 StGB im Jahr 1992 wurde diese Strafnorm mehrfach geändert; nicht nur einmal, sondern im Zwei-Jahres-Takt! Jede Änderung wurde, wie am 12.2.2021, von der im Amt befindlichen Bundesregierung unterschiedlicher Couleur als Durchbruch gefeiert. Zu Recht weist die parlamentarische Opposition darauf hin, dass das Gesetz nicht der letzte Schritt sein wird, um die Vollzugsprobleme bei der Strafverfolgung der Geldwäsche zu beseitigen. Mehr Realitätssinn der Bundesregierung wäre deshalb angebracht.

Mafianeindanke begrüßt auch die Rücknahme der im Gesetzesentwurf des Bundesministeriums der Justiz zunächst geplanten Hürden bei der Geldwäschebekämpfung. Diese betrafen die Einengung des subjektiven Tatbestands von § 261 StGB durch die Streichung der „Leichtfertigkeit“ – quasi als Kompensation für die Verschärfung des objektiven Tatbestands, um Lobbyisten wie der Strafverteidigervereinigung, der Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutschen Kreditwirtschaft entgegenzukommen. Auch hier konnten sich die als Experten vom Rechtsauschuss geladenen Praktiker aus der Strafjustiz – gegen die Voten universitärer Strafrechtslehrer – durchsetzen. Sie haben überzeugend dargelegt, dass die Streichung zu erheblichen Strafbarkeitslücken und Nachweisproblemen beim Vorsatz der Geldwäsche zur Folge gehabt hätte.

Keine Verbesserungen bei der Vermögensabschöpfung

Völlig unverständlich ist, dass die Bundesregierung in der Öffentlichkeit erklärt, dass es durch das Gesetz nun leichter sei, Kriminellen leichter illegale Profite abzunehmen. Die Vermögensabschöpfung oder gar erleichterte Anforderungen für die Vermögensabschöpfung waren nie Ziel und nicht einmal ein Schwerpunkt der Gesetzesinitiative. Die selbständige Einbeziehung von Vermögensgegenständen gem. § 76a Abs. 4 StGB wurde nur im Zuge der Kompensation vom Bundesministerium der Justiz wegen der Erweiterung des objektiven   Geldwäschestraftatbestands als Folgeänderung in die Gesetzesinitiative einbezogen. Wäre es nach der Justizministerin gegangen, hätte Geldwäsche nur dann als Katalogvortat im Sinne dieser Vorschrift in Zukunft eine Rolle gespielt, wenn die Vortat ein „Verbrechen“ ist oder „banden- oder gewerbsmäßig“ begangen wurde. Damit wäre das erst 2017 geschaffene Instrument der selbständigen Einziehung von Vermögensgegenständen, bei dem sich, allerdings noch zaghaft, erste Erfolge einstellen, vollständig ausgehebelt worden. Zu einer mutigen Fortentwicklung des 2017 eingeschlagenen Wegs der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität durch die selbständige Vermögensabschöpfung konnte sich der Gesetzgeber jedoch nicht entschließen. Hierzu wird mafianeindanke in absehbarer Zeit Vorschläge unterbreiten.

Die Äußerungen aus der CDU-Fraktion, dass das Gesetz zu einer „Ausweitung der Möglichkeiten der Abschöpfung bei unklarer Vermögensherkunft führen“ wird, findet im Normtext keinerlei Stütze. Vielmehr kehrte der Gesetzgeber lediglich zu dem zunächst durch den Entwurf des Bundesministeriums der Justiz in Frage gestellten status quo bezüglich der seit 2017 geltenden Rechtslage wieder zurück.

Äußerungen des rechtspolitischen Sprechers der CDU- Bundestagsfraktion, des Berliner Abgeordneten Jan-Marco Luczak, dass ein „wirklich scharfes Schwert im Kampf gegen Clankriminalität und Terrorismus geschmiedet“ worden sei (FAZ vom 13.2.2021)

entsprechen nicht nur dem üblichen politischen Theaterdonner der Parteien im Vorwahlkampfmodus, sondern entlarven auch die selektive Wahrnehmung des Abgeordneten bezüglich der Gefahren der Organisierten Kriminalität für Gesellschaft und Marktwirtschaft. Wer die Organisierte Kriminalität populistisch auf eine Subspezies der OK, die sog. Clankriminalität, reduziert, hat offensichtlich mit den weitreichenden Bedrohungen im Zusammenhang mit der Weiße-Kragen-Kriminalität (Cum-Ex, Fall Wirecard) bzw. mit der sich im deutschen Alltag so friedlich gebenden italienischen Mafia wenig im Sinn.