Kompetenzen zur Verhinderung der Geldwäsche werden EU-weit bei der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde gebündelt – mit dürftigen Rechtsfolgen

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Durch die Verordnung (EU) 2019/2175 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2019 wurden die Kompetenzen der europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und der Wertpapier- und Marktaufsicht in Bezug auf die Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung an die für die Banken zuständige Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) angedockt.

Dafür wurde die Verordnung (EU) 1093/2010 geändert. Der Verordnungsgeber verspricht sich dadurch eine Verbesserung der Aufsicht durch die Nutzung des Fachwissens und der Ressourcen der EBA, um die Umsetzung der Vorschriften der EU-Geldwäscherichtlinie zu optimieren. Mit qualitativ neuen Eingriffsbefugnissen für die EBA ist die geänderte Verordnung jedoch nicht verbunden. Im Klartext bedeutet dies, dass die geldwäscherechtliche Aufsicht über Banken, Versicherungen, Wertpapierhäuser und sonstige Finanzdienstleister nach wie vor weitgehend ungeschmälert bei den Aufsichtsbehörden der EU-Staaten verbleibt. Unzählige Geldwäscheskandale im Finanzsektor der EU-Mitgliedsstaaten, die oft einen grenzüberschreitenden Charakter haben, machen jedoch deutlich, dass diese nationalen Aufsichtsbehörden ihren Aufgaben vielfach unzureichend nachgekommen sind und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsinstitutionen in der EU nicht funktioniert.

Die Rolle der EBA in der Europäischen Finanzaufsicht

Die EBA wurde am 1. 1. 2011 auf Basis der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 errichtet. In Reaktion auf die Finanzmarktkrise hat sie die Aufgabe, wirksame Maßnahmen zur Regulierung und Beaufsichtigung des europäischen Bankensektors sicherzustellen und damit einen Beitrag für die Finanzstabilität in der EU zu leisten. Hierzu gehört auch die Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, weil diese Präventionsmechanismen für die Integrität und Reputation der Finanzakteure sowie die Stabilität des europäischen Finanzmarkts ein wichtiger Baustein sind.

Die EBA ist Teil des Europäischen Systems der Finanzaufsicht („ESFS“). Dieses wurde 2008 geschaffen. Das ESFS soll eine harmonisierte und angemessene Anwendung der für den Finanzsektor geltenden Vorschriften in allen Mitgliedstaaten gewährleisten, um die Finanzstabilität zu erhalten und Vertrauen in das Finanzsystem insgesamt sowie ausreichenden Schutz der Verbraucher zu schaffen.

Neben der EBA gehören zum ESFS:

– der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – „ESRB“);

– die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority – „EIOPA“)

– die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – „ESMA“);

– der Gemeinsame Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden;

– die nationalen Aufsichtsbehörden in den Mitgliedstaaten.

EBA, EIOPA und ESMA sind die drei Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities – „ESAs“). Die Hauptaufgabe der ESAs besteht neben einer Beratungsfunktion für die Europäische Kommission darin, einheitliche Regelungen für die Finanzaufsicht im europäischen Binnenmarkt zu schaffen. Hierzu zählt die Entwicklung technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards, die dann von der Kommission als delegierte Rechtsakte oder Durchführungsrechtsakte erlassen werden. Sie veröffentlichen ebenfalls Leitlinien und sprechen Empfehlungen aus. Soweit es um die Verhinderung der Geldwäsche geht, werden diese Maßnahmen nunmehr aus einer Hand von der EBA vorgenommen.

Die Leitlinien und Empfehlungen sind zwar rechtlich nicht verbindlich. Wenn die nationalen Aufsichtsbehörden diesen nicht folgen wollen, müssen sie innerhalb einer bestimmten Frist jedoch den Grund hierfür mitteilen.

Die ESAs haben zwar die Befugnis, in Krisenfällen Maßnahmen von den nationalen Aufsichtsbehörden zu verlangen. Unmittelbare Durchgriffsrechte auf Institute und Unternehmen in den Mitgliedsstaaten bzw. eigene Prüfungsrechte haben sie jedoch nicht. Die laufende Überwachung der Institute und die dafür erforderlichen Prüfungsrechte sowie Exekutions- und Sanktionsmaßnahmen ist bei der Geldwäscheprävention also auch in Zukunft Aufgabe der nationalen Aufsichtsbehörden, in Deutschland der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Strukturelle Probleme der Europäischen Finanzaufsichtsbehörden bestehen ungeschmälert fort

Seit dem 1. Januar 2020 soll die EBA nunmehr die führende, koordinierende und überwachende Rolle auf Unionsebene bei der Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einnehmen und über diverse Maßnahmen eine fehlende Vollharmonisierung der in der Geldwäscherichtlinie geregelten Sorgfaltspflichten mehr schlecht als recht ausgleichen. Eine Aufsichtsbehörde auf dem Gebiet der Geldwäschebekämpfung wird sie jedoch dadurch nicht. Die mehrfach aktualisierte und fortgeschriebene EU-Geldwäscherichtlinie regelt nur Mindestanforderungen. Der Regelungsinhalt der Umsetzungsgesetze in den Mitgliedsstaaten ist somit nicht inhaltsgleich und weicht voneinander ab. Soweit vor diesem problematischen Hintergrund möglich, soll die EBA ihre neue Rolle primär dazu nutzen, eine größere Harmonisierung der nationalen Ansätze zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sicherzustellen und für eine einheitliche Umsetzungspraxis zu sorgen.

In ihrem „Factsheet on the EBA’s new role“ vom 5. 2. 2020 kündigt die EBA Maßnahmen an, die sie zu diesem Zwecke ergreifen will. Hierzu sollen gehören:

– Entwicklung einer EU-weiten Strategie zur Geldwäscheprävention mittels technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards, Leitlinien und Empfehlungen;

– Umsetzung dieser Strategie und der zugrunde liegenden EU-Gesetzgebung unter anderem durch Einführung eines Frage-Antwort-Verfahrens;

– Erfassen, Bewerten und Verbreiten von Informationen über EU-weite Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie Entwicklung eines gemeinsamen Ansatzes zur Eindämmung dieser Risiken;

– Einrichtung eines ständigen internen Ausschusses zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung;

– Einrichtung einer Datenbank, unter anderem mit Informationen über die Mängel einzelner Institute in Sachen Geldwäscheprävention und die von den zuständigen Behörden ergriffenen Maßnahmen zur Behebung dieser Mängel;

– Erleichterung der Zusammenarbeit mit den Behörden von Drittländern, um sicherzustellen, dass Verstöße von Instituten, die grenzüberschreitend tätig sind, umfassend und zeitnah adressiert werden.

Von dieser Bündelung der Kompetenzen ist im Ergebnis wenig zu erwarten. Der sog. Rat der Aufseher ist das wichtigste Entscheidungsgremium der Behörde. Die Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten sind stimmberechtigte Mitglieder dieses Gremiums. Sie bestimmen die Arbeitsinhalte der EBA wesentlich mit. Wie die vom Europäischen Parlament scharf kritisierte Verhinderung der Aufarbeitung des Danske-Bank Skandals durch den Rat der Aufseher im vergangenen Jahr eindrücklich belegt, hackt kein nationaler Aufseher eines Mitgliedsstaats X dem Aufseherkollegen eines Mitgliedsstaates Y die Augen aus, mögen die Verstöße der jeweiligen Aufsichtsbehörde noch so gravierend sein.

Von Reformen im Anti-Geldwäscheregime auf EU-Ebene, die diesen Namen verdienen, könnte erst dann die Rede sein, wenn die Europäische Kommission, der Rat und das Europäische Parlament sich durchringen könnten, eine unabhängige, eigenständige Aufsichtsstruktur auf EU-Ebene mit eigenständigen Durchgriffs—und Prüfungsrechten bei den Mitgliedsstaaten mit angemessenen personellen und sachlichen Ressourcen zu schaffen. Diese Abgabe von nationalen Kompetenzen will jedoch bisher – trotz aller Hymnen auf die Wichtigkeit des Kampfes gegen Geldwäsche im EU-Binnenmarkt – kein einziger Mitgliedsstaat – auch nicht die deutsche Bundesregierung.