Die Absatzfähigkeit von gefälschtem Olivenöl extravergine: 33 Festnahmen zwischen den Vereinigten Staaten und Kalabrien

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Die Fälschung italienischer Lebensmittel im Ausland ist ein bemerkenswert einträgliches Geschäft. Man bedenke den Exportwert italienischer Nahrung 2016: Nach Aussage der Coldiretti sind Dank der Auslandsverkäufe von Wein, Käse, Öl, Obst und Gemüse 38 Milliarden Euro in die italienischen Kassen geflossen. Lebensmittel „Made in Italy“ gehen gut, und die organisierte Kriminalität ist sich dessen bewußt. Die sogenannte „Agromafia“ ist nicht neu: Coldiretti schätzte den Ertrag von im Ausland verkauften gefälschten Lebensmitteln auf ca. 12, 5 Milliarden Euro (ein nach unten abgerundeter Annäherungswert). Campanische Büffelmozzarella in Nord-Italien aus minderwertiger und/oder verwässerter Milch hergestellt, aber etikettiert „Campana DOP“. Wein aus verbotenen Mischungen gepanscht oder mit gefälschten Etiketten versehen (die Marken IGP und DOP fälschlich benutzt, um den Verkauf zu steigern). Fisch umgepackt und umetikettiert, um das Verfallsdatum zu ändern.

Der Bericht von Legambiente und Movimento a Difesa del Cittadino „Italia a Tavola 2013. Rapporto sulla Sicurezza Alimentare“ (Bewegung zum Schutz des Bürgers „Italien zu Tisch 2013. Bericht zur Lebensmittelsicherheit“) quillt über von solchen Fällen und zeichnet ein besorgniserregendes Bild über das Ausmaß dieses Phänomens. Über 50 verschiedene Mafiaclans sind in das Geschäft verwickelt, und die Kontrollen der Behörden müssen von einem erhöhten Bewußtsein der Konsumenten, was wo zu kaufen ist, begleitet werden.

Ende Januar 2016 wurden 33 Angehörige des Clans Piromalli der kalabrischen ’ndrangheta zwischen Kalabrien und der Lombardei eben wegen internationaler Lebensmittelfälschung verhaftet. Außerdem sind die Piromalli ein historischer Clan,  der sich seit langer Zeit mit zahlreichen verbotenen Aktivitäten außerhalb der italienischen Grenzen in die internationale Kriminalität eingemischt hat. Diesmal mußten US-Bürger dran glauben: die Regale von Walmart und ähnlichen Supermärkten enthielten literweise gefälschtes Olivenöl etikettiert als „Olio d’oliva DOP“, tatsächlich aber gewonnen aus Preßrückständen aus Griechenland, der Türkei oder Syrien. Der Herstellungsprozeß war ausgesprochen artikuliert: das Öl kam aus Kalabrien, wo der Clan es einer kurzen Bearbeitung unterzog. Daraufhin wurde es als Öl aus Preßrückständen in die USA geschickt. Dort beeilten sich die vor Ort aktiven Clanmitglieder, die Etiketten auszutauschen und es als viel qualitätvolleres Produkt auszugeben.

Der Clan Piromalli ist bekannt für seine internationale Verbreitung und nach Norditalien. In den USA ist die Bezugsperson Rosario Vizzari, amerikanischer Staatsbürger und seit langem mit Antonio Piromalli bekannt. Er ist der Hauptverantwortliche für die Kontakte mit den US-Mafien wie auch mit der Olive Oil Company, da er der Präsident der „Global Freight Service inc.“ ist, eine Gesellschaft, die sich um den Transport von Konsumgütern an die Supermärkte kümmert. In jedem Fall klappt die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Ordnungshütern hervorragend. Die USA sind sich des enormen Problems bewußt, das durch die Lebensmittelfälschung entsteht, vor allem, was den Absatz von gefälschtem Olivenöl extravergine angeht. Ein sizilianischer Ölhersteller in den USA , Nicola Clemenza, hat eine Genossenschaft gegründet, die über 200 Herstellungsbetriebe von legalem Öl umfaßt. In einem Interview, das er Anfang Januar der amerikanischen Nachrichtenagentur CBS gab, berichtet er von Drohungen, die er erhalten hat: „Am Tag, als ich die Genossenschaft ins Leben gerufen habe, wurden mein Auto und mein Haus teilweise in Brand gesteckt, während ich mich mit Frau und Tochter drinnen aufhielt“. Der investigative Journalist Tom Müller schätzt, daß 70-80% des Olivenöls extravergine auf dem US-Markt gefälscht sind. Es sei schwierig zu sagen, wieviele Tropfen Öl Mafiablut enthalten, berichtet er CBS.

Wie die Dinge liegen, betreffen Wort und Tat vor allem die Konsumenten, die sich angesichts der Fälschungen innerhalb eines schwer zu kontrollierenden Mechanismus hilflos fühlen können. Der Anstieg der Betrügereien ist nicht nur unlösbar mit der Profitgier der organisierten Kriminalität verbunden, die als illegaler Unternehmensverband genau weiß, wo die besten Geschäfte zu machen sind, sondern ist auch der vernichtenden Auswirkung der Wirtschaftskrise zu verdanken. Wegen der Verringerung der Kaufkraft des Mittelstandes sucht man billigere und dem Anschein nach bessere Waren. Die Dumpingpreise auf angebliche „DOP“-Produkte verführen zum sofortigen Kauf in der Annahme, gerade ein „Schnäppchen“ gemacht zu haben. Aber jedes qualitätvolle Produkt hat seinen Preis, der nicht nur die Qualität des Rohstoffes decken muß, sondern auch die Herstellungs- und Vertriebskosten.