Dubiose Geschäfte kosten Deutsche Bank viel Geld

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Die vergangenen Jahre waren kein Zuckerschlecken für die Deutsche Bank, obwohl sie eines der leistungsstärksten und weltweit bekanntesten Geldinstitute ist. Im Mai 2015 schrieb das Manager Magazin, dass die Bank verdächtigt wird, russische Kunden bei Geldwäsche-Transaktionen geholfen zu haben. Die fragliche Summe beläuft sich auf 6 Millionen Dollar. Und als ob das allein nicht genügen würde, hielt man für wahrscheinlich, dass einige dieser Transaktionen für höhere russische Politiker erfolgten, die nach der Annexion der Krim mit Sanktionen belegt worden waren (die zuletzt bis zum ersten Trimester des Jahres 2016 verlängert wurden). Dabei ist diese Sache offenbar nur eine Spitze des Eisbergs von Problemen der Deutschen Bank.

Die Deutsche Bank ist vor allem eine wohlbekannte Investmentbank, die zweitgrößte weltweit (im Ranking knapp hinter der Industrial and Commercial Bank of China). In Bezug auf die Vermögenswerte steht sie an zehnter Stelle aller Banken weltweit. 1870 gegründet, hat sich die Bank im internationalen Handel spezialisiert. Vom Jahr 1995 an hat die Deutsche Bank ihren Schwerpunkt auf den Bereich der Investment-Banking-verschoben. Im Jahr 2005 kamen aus diesem Aktivitätssektor 75% des Einkommens der Bank. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, doch ist es interessant, die Tätigkeiten zu untersuchen, die zuletzt beigetragen haben, ihren Ruf zu schädigen.

Im April 2015 wurde die Deutsche Bank offiziell für die Manipulation des London Interbank Offered Rate (LIBOR) verantwortlich gemacht. Als Konsequenz hatte sie eine Ausgleichszahlung in Höhe von 2,5 Milliarden Dollar an die US-amerikanischen und britischen Regulierungsbehörden zu zahlen. Andernfalls hätte die Bank die Banklizenz in den oben genannten Ländern verloren und wäre rechtlich belangt werden. Dieser Fall beherrschte die Schlagzeilen nicht lange, obwohl es der schwerste Fall von Absprachen innerhalb des gesamten Bankensektors aller Zeiten ist.

Werfen wir einen Blick darauf, was der LIBOR wirklich ist. Jeden Morgen übermitteln bestimmte Banken die Rate, zu der sie bereit sind, anderen Banken Geld zu leihen. Diese Indikatoren zeigen also das Vertrauen, welches die Banken sich gegenseitig entgegenbringen. Es liegt im Interesse der Banken, dass die Zinsen auf diese Art von Transaktionen nicht zu hoch steigen – ein niedriger LIBOR-Satz wird als ein Beleg dafür gesehen, dass eine Bank empfehlenswert ist. Ein Beispiel: die Lehman Brothers ging unter, weil letztlich niemand mehr ihr Geld leihen wollte. Das bedeutet aber nicht, dass der LIBOR Benchmark keine Auswirkungen im normalen Geschäftsbankensektor hat – Billionen von Finanzkontrakten beruhen auf ihm (Gebühren und Kredite und Hypotheken oder Derivate, um nur einige zu nennen). Daher wurde der LIBOR auf eine Art und Weise festgesetzt, dass Derivate und Darlehen rentabler für die Bankindustrie wurden.

Das bedeutete, dass diese Banken zum einen verantwortlich waren für das zugrundeliegende Instrument, zum anderen aber zugleich auch für die flexible Rate der Sätze für den Geldaustausch, die dieses Instrument, den Libor, erst hervorbringen. Das ist moralisch zweifelhaft, auch weil diese Operationen in der Lage waren, das Marktgleichgewicht zu verzerren, und dies auch taten. Die erste Bank, die für die Manipulation des Libor-Satzes bestraft wurde, war die Barclays Bank. Es war dann aber die Deutsche Bank, welche die höchste Strafe bekam. 

Um das ganze Ausmaß des Problems zu erkennen, ist es wichtig zu verstehen, welche Tätigkeiten Investmentbanken durchführen. Im Wesentlichen ist ihre Aufgabe, Geld zu investieren mit der Hoffnung auf eine künftige Rendite. Dafür nutzen sie hauptsächlich Tauschgeschäfte mit Derivaten – also Finanzinstrumente, deren Wert von Preisen anderer Produkte abhängt. Lange Rede kurzer Sinn: Nimm etwas von Wert, wette auf den zukünftigen Wert dieses „etwas“ und versehe alles mit einem Vertrag. Das ähnelt Casino-Wetten, nur dass es für die Bankenbranche legal ist, solche Wetten durchzuführen. Wetten wir etwa, dass die Unze Gold in zwei Jahren 1000 US-Dollar kosten wird, liegen aber falsch, weil die Unze nur 700 US-Dollar kostet, verlieren wir 300 Euro. Kostet sie aber 1300 US-Dollar, streichen wir 300 US-Dollar Gewinn ein. Bemerkenswert dabei ist, dass wir den Gegenstand der Finanzwette tatsächlich nie kaufen.

Im Finanzwesen werden solche Wetten in der Regel auf andere bankbezogene Indikatoren gemacht – nicht auf den Goldpreis, sondern auf Aktienpreise und Indizes oder auf die Rentabilität von Staatsanleihen. Und das bringt uns zu einem anderen Problem der Deutschen Bank – die Bank hatte nämlich unter anderem auf die Rentabilität griechischer Staatsanleihen gesetzt. Die Tatsache, dass Griechenland die erste Tranche seiner Staatsanleihen an den Internationalen Währungsfonds nicht zurückzahlen konnte, hatte einen deutlichen Einfluss auf die Liquidität der Deutschen Bank. Sie hat zugleich auch griechische Staatsanleihen gekauft, aber das ist nur ein winziger Teil der Derivate mit Griechenland-Bezug.

Zusätzlich zu den bereits beschriebenen Problemen der Deutschen Bank kamen weitere Geldwäsche-Vorwürfe. Geldwäsche ist ein Vorgang, bei dem hier widerrechtlich gewonnene Beträge in drei Schritten in legales Vermögen verwandelt werden. Zunächst wird das Geld im Finanzsystem platziert, nachdem die ursprüngliche Geldquelle mit einer Reihe von Transaktionen verschleiert worden ist, dann wird das Geld als „sauberes Kapital“ in die legale Wirtschaft eingespeist. Absolut erstaunend ist, dass, nach Aussagen von Andreas Frank, einem international anerkannten Geldwäsche-Experten, weniger als ein Prozent der weltweit gewaschenen Gelder überhaupt beschlagnahmt werden.

Es gibt, was die Deutsche Bank anbelangt, noch kein abschließendes Urteil in dieser Sache. Aber es gibt Hinweise darauf, dass die Bank nicht nur für die Gesetzesverstöße im Zeitraum von vier Jahren, 2011 bis 2015, haftbar gemacht werden könnte, sondern sich auch für Verstöße gegen die internationalen Sanktionen gegen Russland verantworten muss. Erwähnenswert ist auch, dass die Deutsche Bank bereits mehr als 200 Millionen US-Dollar wegen Strafverfahren an die amerikanischen Behörden bezahlen müssen wegen des Verstoßes gegen die von den USA verhängten Sanktionen gegen Länder wie Iran und Syrien und auch hier für Geldwäsche, weil sie ihre amerikanische Tochtergesellschaf für Kunden aus diesen Ländern nutzten.

Soweit bekannt, führte die Deutsche Bank in der russischen Geldwäsche-Affäre „Spiegelgeschäfte“ durch, der gleichzeitige Handel an zwei verschiedenen Märkten. Auf diese Art und Weise sollen Gelder über Ländergrenzen hinweg verschoben werden, ohne dass die Marktaufsicht informiert werden muss, da es sich ja nicht um internationale Devisentransfers handelt und folglich diesbezügliche Regeln nicht gelten. In der Praxis bedeutet dies, dass die Aktien eines Unternehmens auf zwei verschiedenen Märkten zur gleichen Zeit gehandelt werden. Für solche Geschäfte müssen die interessierten Parteien einen Vermittler finden, der diese Operation durchführt – in diesem Fall ist dieser Vermittler die Deutsche Bank. Der russische Kunde soll also bestimmte Aktien in Rubel gekauft haben, der Vermittler Aktien desselben Unternehmens in Dollars in London. Dann werden die Aktien getauscht. Der Agent verkauft die russischen Aktien als eigene in Moskau und bucht die aus, die er in London gekauft hat. Der russische Kunde bekommt also frisches und gewaschenes Geld in einem anderen Land und in einer anderen Währung.

Das einzige, was zu Gunsten der Deutschen Bank als Ganzes spricht, ist, dass es die Bank selbst war, welche die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) informiert hat, sie glaube, dass ihre russische Tochtergesellschaft ein Finanzdelikt begehe.

In die sich daraus ergebende Untersuchung sind mehrere internationale Akteure involviert: die deutsche, die russische und die britische Finanzaufsicht und, überraschenderweise, das US-Justizministerium, weil der US-Dollar als Währung bei den Transaktionen genutzt wurde. Zugleich  beschuldigt die russische Finanzaufsicht die Bank, russisches Kapital ins Ausland zu verschieben. Mit so vielen Beteiligten an den Ermittlungen wächst die Gefahr, dass die Ermittlungen sich stark in die Länge ziehen und dadurch Beweise für begangenen Delikte nicht mehr zur Verfügung stehen.

Außerdem steht die Deutsche Bank auch immer noch in Verdacht, bei weiteren Geschäften mitgemacht zu haben, die den deutschen Steuerzahler viele Millionen Euro kosteten, den sogenannten Umsatzsteuerkarussellen. Dabei erstatten die Finanzämter Umsatzsteuer zurück, die in Wirklichkeit nie gezahlt worden ist, weil die bei den Finanzämtern deklarierten, zugrundeliegenden Geschäfte gar nicht stattgefunden haben. In einem Fall gab es 2012 Durchsuchungen durch die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, die in eine Anklage wegen Mittäterschaft zum Steuerbetrug mündeten, auch der Vorwurf der Geldwäsche stand im Raum. Pikanterweise wollte die europäische Antibetrugsbehörde Olaf in dieser Sache ermitteln, sie ist aber auf die Genehmigung des betreffenden Staates angewiesen. Diese Genehmigung aber wurde ihr verwehrt. Europol schätzt den Gesamtschaden, der in Europa durch Umsatzsteuerkarusselle entstanden ist, auf mehrere Milliarden Euro.

Die nächsten Monate werden sicher eine mühsame Zeit für das Geldinstitut. Zu ihrer Glanzzeit kostete die Aktie bis zu 100 Dollar. Jetzt liegt ihr Preis selten einmal über 25 Dollar. Es ist nicht nur, dass die Negativ-PR dem Geldinstitut zu schaffen machte. Es sind zudem die Veränderungen in der aktuellen Bonität. Veränderungen in der aktuellen Bonität. Standard & Poors, eine der wichtigsten unabhängigen Rating-Agenturen, stufte im Juni die Kreditwürdigkeit der Bank auf BBB + herab, einen Wert, der niedriger ist als derjenige der Lehman Bank, als diese in Konkurs ging.

In den europäischen Medien wird das Legalitätsproblem im Bankenwesen viel zu selten thematisiert. Der Bankensektor braucht auch im eigenen Interesse die Einführung von entsprechenden Regeln und Gesetze. Etwa für den Umgang mit „future money“, Swap-Derivate, in der Regel sind das over-the-Counter-Transaktionen, die ohne Transparenz und Überwachung von außen erfolgen. Es muss endlich anerkannt werden – keine Bank existiert in einem Vakuum – dass eine Pleite der Deutschen Bank oder jeder anderen größeren Bank enorme Auswirkungen auf den gesamten Weltmarkt haben würde, da die Banken weltweit voneinander abhängen, und die Deutsche Bank eine Hauptrolle beim Schaffen dieses Biest des 21. Jahrhunderts hat.