Fachtag der Gewerkschaft der Polizei zur Organisierten Kriminalität mit mafianeindanke e.V.

Gdp

Zwei Tage lang, am 12. und am 13. Oktober, beschäftigte sich eine von der Gewerkschaft der Polizei und mafianeindanke organisierte Konferenz in Berlin mit dem Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Etwa 80 Expertinnen und Experten von Polizei und Justiz sprachen dabei nicht nur über das kriminelle Geschehen in Deutschland, sondern auch über länderübergreifende Strukturen und vorherrschende Vorgehensweisen. Weitere Punkte waren der strukturelle Aufbau der italienischen Mafia, Geldwäsche, Korruption und die Finanzierung terroristischer Gruppen, die direkt mir den Aktivitäten krimineller Gruppen verbunden sind.


Dietmar Schilff, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, begrüßte die Gäste, darunter auch den italienischen Botschafter in Berlin, Pietro Benassi. In seiner Ansprache erklärte er, dass moderne kriminelle Gruppen nicht mit den stereotypischen Mafia-Banden aus den Filmen der 80er-Jahre zu vergleichen seien. Das Problem bei der Bekämpfung dieser Kriminellen sei der Mangel sowohl an spezialisierten Ermittlern wie auch an speziell dafür geschaffenen Staatsanwälten und Richtern.

Der italienische Botschafter Pietro Benassi unterstrich, dass die Organisierte Kriminalität eng mit Aktivitäten wie Geldwäsche und Korruption verbunden ist, deswegen ist ein strenges Vorgehen gegen sie unabdingbar. Er sei zufrieden mit der Zusammenarbeit zwischen italienischen und deutschen Ermittlern im Vorgehen gegen grenzüberschreitende Kriminalität.

Sandro Mattioli, Vorsitzender von mafianeindanke e.V. forderte ein Umdenken im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Die Gefahr, die von Mafia-Präsenzen in Deutschland ausgehe, werde unterschätzt, weil die Gruppen eine Strategie der Unauffälligkeit gewählt hätten. Gefahren sieht Mattioli vor allem durch die immensen Gewinne aus dem Kokainhandel, die in die legale Wirtschaft gepumpt würden. So verdiene die ’ndrangheta Studien zufolge bis zu 50 Milliarden Euro pro Jahr nur mit Drogenhandel. Es seien dringend mehr Ressourcen für die Polizei zu schaffen, um die Ströme kriminellen Kapitals nachvollziehen zu können.

Bernd Finger, langjähriger Chef der Abteilung für Organisierte Kriminalität des LKA Berlin, zeigte in seinem Vortrag eine soziologische Herangehensweise an das Thema Organisierte Kriminalität. Er hat die Erfahrung gemacht, dass Polizei und Justiz alleine nicht die ausreichenden Mittel haben, um die Entwicklung der Mafia zu bekämpfen oder gar zu einem Ende zu bringen. Die Sensibilisierung der Gesellschaft für dieses Thema ist daher von höchster Bedeutung. Die öffentliche Diskussion des Themas, die Erziehung zu einer Kultur der Legalität schon von klein auf, das sind weitere Bausteine eines gezielten Vorgehens gegen die Organisierte Kriminalität. Ein weiterer wichtiger Aspekt: man muss nicht nur die Strafverfolgung stärken: es darf sich auch nicht lohnen, kriminell zu werden, gewinne müssen stärker abgeschöpft werden.

Verena Zoppei, Geldwäsche-Referentin von mafianeindanke e.V., erläuterte die aktuelle Gesetzeslage, die leider immer noch viele Regelungslücken enthält und so einen wirkungsvollen Kampf gegen die Geldwäsche erschwert. Andreas Frank, früher Direktor von Goldmann-Sachs in der Schweiz und heute Unternehmensberater für Maßnahmen gegen Geldwäsche, bezeichnet das Waschen schmutziger Gelder als „Achillesferse“ der transnationalen Organisierten Kriminalität. Frank ist ein unermüdlicher Mahner, der darauf drängt, die Bekämpfung von Geldwäsche zu verstärken; seit Jahren prangert er die Schwachstellen gesetzlicher Regelungen an und fordert endlich mehr Engagement der Bundesregierung. Er hat auch die Europäische Kommission für das Thema sensibilisiert und auch zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland angestrengt, 2005 und 2009. Die unzureichende Umsetzung europäischer Vorgaben in nationales Gesetz führte zu Maßnahmen gegen Deutschland. Am Grundproblem habe sich aber wenig geändert, so Frank: Noch immer können illegale Geldströme kaum verfolgt werden und nur ein Prozent aller gewaschenen Gelder weltweit werden beschlagnahmt.

Den zweiten Tag eröffnete Norbert Cioma, Sekretär der Gewerkschaft der Polizei, mit einer kurzen Ansprache. Im Anschluss folgte ein sehr informativer Vortrag von Giuseppe Furciniti, Oberstleutnant der Guardia di Finanza und Kommandant des G.I.C.O. in Neapel, einer Sondereinheit für den Kampf gegen die Mafia. Furciniti beschrieb in seinem Vortrag zuerst die unterschiedlichen italienischen Gruppierungen, die kalabrische ’ndrangheta, die neapolitanische Camorra, die sizilianische Cosa Nostra und die Sacra Corona Unita aus Apulien und dann ihre unterschiedlichen Aktivitäten und Vorgehensweisen. In einer Diskussionsrunde später kam Furciniti auf die technischen Möglichkeiten seiner Einheit zu sprechen. So hätten sie beispielsweise einmal einen Sky-Decoder, der per Post an einen Kriminellen gehen sollte, abgefangen und mit einer Abhöranlage versehen.

Christian Woelke, Komimissariatsleiter der Dienststelle LKA 1 ZSt IG (Zentralstelle Individualgefährdung) in Berlin, sprach über die aktuelle Situation von Mafiaopfern in Deutschland.

Eine Podiumsdiskussion rundete die Veranstaltung ab: Dietmar Schliff nahm für die Gewerkschaft der Polizei daran teil. Tom Schreiber, der als SPD-Abgeordneter im Berliner Senat auf die Gefahren durch die Clans in der Stadt hinweist und Maßnahmen vom Senator für Inneres fordert, der Journalist David Schraven, der das Blog mafia.correctiv.org betreibt, und Pino Bianco, Gründungsmitglied von Mafia? Nein, Danke! e.V. und Opfer einer versuchten Schutzgelderpressung, diskutierten. Schilff kam auf die aktuelle Flüchtlingsthematik zu sprechen und die dabei erzielten Profite, die gewaschen werden müssten. Tom Schreiber beschrieb das Problem der Schweigekartelle anschaulich. David Schraven unterstrich, wie wichtig es ist, die Gesellschaft für den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität zu gewinnen. Wie das aussehen kann, berichtete Pino Bianco, der Wirt der Trattoria A´ Muntagnola in Berlin ist. Vor Jahren bekam er einen Brief, der eindeutig als Schutzgeld-Erpressung zu verstehen war. In Zusammenarbeit mit über 50 anderen betroffenen Gastwirten und der Berliner Polizei wurden die Erpresser festgenommen.